Laura Kingston und ihre OmaWie der Brexit eine Familie entzweit
Laura Kingston ist Deutsch-Britin. Für sie ist die Europäische Union eine Selbstverständlichkeit, bis sie erfährt, dass ihre britische Oma für den Brexit gestimmt hat. Von da an versteht sie die Welt nicht mehr. Die 27-Jährige will die Gründe ihrer Granny verstehen und reist zu ihr nach Chesterfield. Zwei Welten prallen aufeinander und am Ende reist Laura im Zorn ab. Doch das lässt ihr keine Ruhe.
Anmerkung: Dieser Text ist die Grundlage für einen Radiobeitrag. Der beinhaltet Betonungen und Gefühle, die bei der reinen Lektüre nicht unbedingt rüberkommen. Außerdem weichen die gesprochenen Worte manchmal vom Skript ab. Darum lohnt es sich, auch das Audio zu diesem Text zu hören.
Dass wir lieber nicht mehr über Politik sprechen, weil es sonst nur Streit gibt, das hat meine Oma im Februar 2018 zu mir gesagt. Damals habe ich sie gerade in Chesterfield besucht, das liegt genau in der Mitte von Großbritannien, südöstlich von Manchester, im Norden des County Derbyshire.
"We're not getting anywhere. And what I feel and say doesn't make a scrap of difference. So rather than causing friction, we don't talk about it."
Knapp 60 Prozent der Wähler in Chesterfield haben beim Brexit-Referendum für "Leave" gestimmt. Dass meine Oma auch zu den Brexit-Befürwortern gehört, das hat mein Vater mir erzählt, also Grannys Sohn – und zwar schon direkt danach, im Juni 2016. Es hat ihn überrascht. Genau wie mich.
Trotzdem schaffe ich es erst anderthalb Jahre nach dem Referendum, meine Oma darauf anzusprechen. Und zwar im Februar 2018: Ich besuche meine Granny alleine – ganz ohne Familie. Wir sitzen im Esszimmer. Draußen ist es kalt und nass - eben das typische englische Wetter – und drinnen duftet es nach Curry.
Das hat meine Oma extra für mich gekocht, weil sie weiß, dass das mein "Favourite" ist. Bei Essen reden wir über das Wetter, Manchester United und darüber, welches Buch wir gerade lesen.
"Oma, warum hast du für den Brexit gestimmt?"
Bis zu dem Moment, in dem ich meinen ganzen Mut zusammen nehme, den letzten Bissen vom Curry herunterschlucke und frage: "Granny, why did you vote for Brexit?“ Darauf hat sie geantwortet: "Wir sind eine Insel, die seit Jahren ihre eigene Regierung hat."
"We're an island that has ruled ourselves for years."
In dem Moment steigt eine heftige Wut in mir auf. Mir wird ganz heiß. Ich balle meine Fäuste unterm Tisch zusammen - so sehr, dass es wehtut. Ich bin verletzt dadurch, was meine Oma gerade zu mir gesagt hat. Es fühlt sich an, als hätte meine Oma keinen Bock mehr auf den deutschen Teil ihrer Familie und bräuchte nur noch ihre Kinder und Enkelkinder, die in England leben. Es ist zwar Grannys politische Meinung, aber die nehme ich sehr persönlich.
Tiefgreifende Abneigung gegen die EU
Ausgerechnet meine Oma, deren Sohn, mein Vater seit 30 Jahren in Deutschland lebt, ausgerechnet diese Oma stimmt für "Leave" - also für den Brexit? Ich frag sie, was mit Papa passieren soll. Er hat nur den britischen und nicht den deutschen Pass. Wenn Großbritannien aus der EU austritt, hat er in Deutschland kein Aufenthaltsrecht mehr.
"Well he's been there for a long time I would've thought he'd be alright. But I said if they'll send him home that'd be brilliant."
In dem Moment denke ich: "Wirklich, Oma, du denkst ernsthaft, weil du für den Brexit stimmst, kommt dein Sohn wieder zurück nach England? Das glaubst du wohl selber nicht?"
Ich will auch wissen, was sie denkt, was mit uns, ihren Enkelkindern, passiert – sie hat neun und eine davon bin ich. Ich habe zwar den deutschen Pass, aber meine Cousinen und Cousins sind alle Briten. Sie könnten nach dem Brexit nicht mehr einfach so zu mir nach Berlin ziehen und ohne Visum dort arbeiten. Aber für meine Oma zählt das Argument offenbar nicht.
"It's all the young ones who want to stay in because they think: We're going to Europe and it's part of us and that sort of thing, but they don't look back to the history."
Als sie mir sagt, dass wir Jungen nur denken, dass Europa ein Teil von uns ist, weil wir nicht in die Geschichte zurückschauen, ist es bei mir vorbei. Ich fange an zu heulen.
Zwei Fronten innerhalb einer Familie
Dann passiert etwas, was mir so noch nie passiert ist: Ich schreie meine Oma an. Es geht hier doch nicht um die Geschichte, sondern um die Zukunft von uns, ihren Enkelkindern und Kindern, um die der Briten und der Europäer. Granny wird mit ihren 87 Jahren den Brexit doch eh nicht miterleben!
Als ich mit meiner Tirade fertig bin, guckt Granny mich an und sagt in aller Seelenruhe: "We're not getting anywhere. And what I feel and say doesn't make a scrap of difference. So rather than causing friction, we don't talk about it."
Dieser Streit ist jetzt seit mehr als einem Jahr her. Seitdem habe ich meine Oma nicht mehr gesehen. Ich habe ihr und vor allem mir selbst vorgemacht, ich hätte keine Zeit für einen Besuch. Dabei bin ich in Wirklichkeit verletzt. Das Bild, das ich von meiner Oma hatte, ist in dem Streit kaputt gegangen.
Tief erschüttertes Vertrauen
Granny war für mich immer so etwas wie eine gute Freundin, nur reifer und weiser. Aber als wir über Europa, den Brexit und die Geschichte reden, wirkt sie auf mich engstirnig und verbohrt.
Damals gingen meine Oma und ich im Streit auseinander. Wir hatten zwar noch ein bisschen Kontakt danach, aber unsere Gespräch sind oberflächlich geworden.
Vor ein paar Wochen gehe ich zum Briefkasten und finde die Wahlbescheinigung für die Europawahlen. In dem Moment muss ich wieder an den Streit mit meiner Oma denken.
Großbritannien ist drei Jahre nach dem Brexit immer noch EU-Mitglied, die Briten und meine Oma müssen jetzt auch an der Europawahlen teilnehmen. Einfach weil das Austrittsabkommen bis zu Beginn der Europawahl immer noch nicht unterzeichnet sein wird -es gibt noch nicht einmal eins!
Das Bemühen um Verständnis
Bei dem ganze Hin und Her der letzten drei Jahre frage ich mich, ob Granny immer noch für den Brexit stimmen würde. Um das herauszufinden, muss ich mich über Grannys Regel, dass wir nicht mehr über Politik reden, hinwegsetzen. Ich rufe sie an. Granny freut sich sogar. Das einzige, was ich ihr versprechen muss, ist, dass ich sie nicht mehr anschreie.
Ich fliege übers Wochenende nach England: Von Berlin nach London Luton, und von da aus nehme ich dann den Zug nach Chesterfield. Das dauert ungefähr zwei Stunden. In England angekommen, muss ich nur meinen Perso vorzeigen und bin schon drin in Großbritannien. Als Deutsche, als Halbbritin ohne britischen Pass und vor allem als Europäerin.
Ich - Europäerin
Genauso sehe ich mich nämlich. Ich bin Europäerin. Mein Vater ist Engländer. Er ist als Austauschstudent Ende der 80er Jahre nach Bochum gekommen. Dort hat er meine Mutter kennengelernt. Die beiden gründen eine Familie mit drei Kindern.
Ich bin das die zweitälteste Kind. Zuhause sprechen wir meistens Deutsch und manchmal – eigentlich nur, wenn wir eine witzige Geschichte erzählen – sprechen wir Englisch. Wir wohnen direkt an der holländischen Grenze - fünf Minuten mit dem Fahrrad entfernt.
Als Kind oder Jugendliche habe ich das nicht richtig gemerkt, dass es da eine Grenze gibt, wenn man von dem einen ins andere Land gefahren ist. Das hat man höchstens am Handynetz gemerkt. Es gab keinen Zaun, keine Grenzkontrolle, gar nichts. Der Acker auf der einen Seite der Grenze sah genauso aus wie der auf der anderen.
Mitten im Erasmussemester - der Brexit
Sehr europäisch habe ich mich gefühlt, als ich im Sommersemester 2016 ein Erasmussemester in Spanien gemacht habe. Genau in diese Zeit fiel das Brexit-Referendum. Ich kann mich noch genau an den Morgen vom 23. Juni 2016 erinnern, als ich auf mein Handy gucke und die Push-Mitteilung sehe: "Briten stimmen für den Brexit". Da kamen mir die Tränen.
Als ich mit dem Zug in Chesterfield ankomme, holt mich meine Oma mit dem Auto ab. Ich sehe sie in dieser großen Bahnhofshalle in Chesterfield, wie sie zwischen den vielen Menschen sitzt und grinst. Ich muss auch lachen und wir fallen uns in die Arme und freuen uns, dass wir uns endlich wiedersehen. Es gibt gar keine "bad feelings", sondern wir sind einfach nur froh, dass wir uns wiedersehen.
Zurück in die Vergangenheit
Wir steigen ins Auto und fahren zu ihr nach Hause, in das alte Häuschen, in dem sie schon seit den 60er Jahren wohnt. Da angekommen, mache ich das, was ich immer mache, wenn ich da bin: Ich laufe im Haus herum, guck mir alles an und gehe dann in "The Girls' room". So nennt meine Oma das alte Kinderzimmer meiner Tanten.
Es sieht immer noch so aus wie früher. Darin stehen zwei Kinderbetten. Die Kuscheltiere sitzen auf dem braunen Schränkchen neben dem Bett. Die Haarbürste und der Handspiegel, die ich immer benutze, wenn ich da bin, liegen auf der Kommode. Ich gucke hinaus auf die Hügel, die noch so aussehen wie in meiner Kindheit. Und es riecht auch genauso wie früher. Hier ist alles beim Alten geblieben.
In Grannys Schlafzimmer steht auf der Kommode ein Bild von meinem Großvater, als er gerade mit der Uni fertig war. Ein sehr gut aussehender junger Mann mit Schnurrbart und wunderschönen Augen.
Ich habe meinen Opa nie richtig kennengelernt, weil ich erst sechs war, als er gestorben ist. Was ich weiß, ist, dass er Ire war und meine Oma Engländerin ist. In meiner Familie wurde immer darüber gesprochen, dass das etwas ganz Besonderes ist, weil die Iren den Engländern nicht sympathisch waren. Denn erst ein paar Jahrzehnte zuvor hatten die Iren für ihre Unabhängigkeit gekämpft.
"His mum said: If he wasn't gonna marry an Irish girl, I was probably the best he could do. Dick said that this was a compliment."
Das ist der typisch britischer Humor, den meine Oma hat. Sie erzählt, wie ihre Schwiegermutter, also die Mutter von meinen Opa, damals gesagt: Wenn Dick schon keine Irin heiratet, dann wäre SIE zumindest das Beste, was ihm wohl hätte passieren können.
Erst EWG, dann EG und heute EU
Ein Jahr nach Grannys Hochzeit unterschreiben Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande 1957 die Römischen Verträge und gründen damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Von der EWG, dem Vorläufer der EU, haben wir wahrscheinlich alle schon einmal in der Schule gehört. Zunächst ging es erst einmal darum, dass die sechs Staaten bessere Wirtschaftsbeziehungen miteinander haben und die Zölle abgeschafft werden. Großbritannien gehört damals noch nicht zur EWG. Erst später, ab 1972, schließt sich Großbritannien der EG, der Europäischen Gemeinschaft, an. die ist der direkte Vorläufer der EU.
"Well, when we first join, we thought that it was just this trade thing. Dick and I thought it was a good thing."
Anfangs dachten Granny und Dick ganz positiv über die EU. Sie waren wohl froh, dass sich die europäischen Staaten angenähert haben. Mein Großvater hat damals für ein Ingenieurbüro gearbeitet, das Aufträge aus vielen europäischen Ländern bekam. Er war zum Beispiel oft in Frankreich und Belgien, hat mir meine Oma erzählt, um Aufträge für seine Firma zu finden.
Ab 1993 war das dann für ihn noch leichter: Mit dem Vertrag von Maastricht wurde aus der EG die EU, die wir heute kennen. Damit kam auch der europäischen Binnenmarkt.
Das heißt einfach, dass Personen, Waren, Dienstleistungen und Geld innerhalb der Europäischen Union frei zirkulieren können. Für meinen Vater bedeutet das konkret, dass er als Brite in Deutschland leben und arbeiten kann – ohne dass er ein Visum braucht. Für meine Oma bedeutet das, dass sie einfach so nach Deutschland reisen kann, ohne einen internationalen Reisepass vorzeigen zu müssen.
Gelebte EU mitten in der Familie
Genau in dieser Zeit, Anfang der 90er Jahre, heiratet meine Eltern in Deutschland. Das ist dann sozusagen gelebte EU mitten in der Familie.
Granny: "We were quite happy about it. I remember Dick and I were talking about it. In fact it had happened, around the time your mum and dad got married. And we flew over for the wedding and I remember at the reception, Dick gave a speech and he actually mentioned: We are now all in this and how good it was and everything. Which we thought it was when it was just trade."
Bei der Hochzeit – damals war ich gerade ein paar Wochen alt– sagt mein Opa in seiner Rede, wie gut es doch ist, dass Deutsche und Engländer endlich in einem Boot sitzen.
Aber diese Sicht auf die Dinge, hat sich bei Granny wohl im Laufe der Jahre geändert.
"Now it's become more than that. They want to become United States of Europe. Now it's becoming to much of a dictatorship."
Die Vereinigten Staaten von Europa: Damit meint meine Oma eine Art Wunschdenken, das sie bei vielen Politikern wahrnimmt, dass sie aus Europa ein Land machen wollen. Darüber hat sie viel in der Zeitung gelesen. Im Daily Telegraph, der jeden Morgen ab 8 Uhr bei ihr auf dem Esszimmertisch liegt. Die Zeitung strukturiert ihren Tag: Morgens liest sich den Politikteil, später ihren Lieblingsteil, den Sport, und abends macht sie die Kreuzworträtsel. Diese Zeitung spielt eine große Rolle bei meiner Oma. Daily Telegraph ist eine konservative Zeitung, die den Tories, der Partei von Theresa May, nahe steht.
"So you think the EU is connected to a lot of rules and regulations?"
"I do! Far far too many. We're an island, we're seperate. And why should we be told what to do? You can't do this you can't do that."
Als meine Oma mir erzählt, dass Großbritannien eine Insel sei und darum auch gar nicht richtig zur EU gehöre, werfe ich ein, dass Irland auch eine Insel ist, aber auf jeden Fall in der EU bleiben will.
Granny: "I think they are happy because they get a lot of money. When they first went in, they got a lot of things done with EU money so as far as they were concerned that was lovely. I mean it's the same with Spain and Portugal and all these places we went to on holiday they suddenly got new roads it was EU money. Whereas Britain didn't want all that stuff. We give more money than we get."
Mir wird klar, was für ein Bild meine Oma von der EU oder von den Ländern in der EU hat. Sie denkt nämlich, dass ärmere Länder oder Länder mit einer schwächeren Wirtschaft so wie Irland, Spanien oder Portugal nur in der EU sind, um das ganze EU-Geld abzugreifen, das Großbritannien großzügig einzahlt.
Warum das EU-Bild meiner Oma so anders ist
Ich hab das Gefühl, wir kommen nicht weiter. Aber genau in dem Moment fängt meine Oma mit der Geschichte an: Sie war acht Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg angefangen hat.
Granny: "We're an island that has ruled ourselves for years. And when Europe has been in trouble we helped even in both World Wars when we needn't have done. The first World War, Second World War. Who went in to help? The British went in to help. Lots of people died."
"The first World War, Second World War. Who went in to help? The British went in to help. Lots of people died."
Meine Oma erzählt mir vom Zweiten Weltkrieg und wie die Briten sich den Alliierten angeschlossen und gekämpft haben. Auch ihre beiden Brüder Alan und Haydn waren dabei.
Granny: "My brother Alan was one of the first ones to be called up. He was at Dunkirk. At this horrible affair. But he came through. My other brother, Haydn, was at Nottingham University at that time. But he was called up maybe in 41 when he was called up."
Sie erzählt von ihrem zweiter Bruder Haydn, der 1941 einberufen worden ist. Er studierte gerade in Nottingham und war 18 Jahre alt.
Granny: "He was one that flew into Holland and he was in the last push from Holland into Germany. And it was there that he was killed. He was a lieutenant at the time and he was leading his men through this village that was supposed to be fought for and occupied. But somebody in a house, sniper, they used to call them didn't they. Somebody shot him. He was dead. And only a couple of months we were into Germany and the war was ended. So, you know, that it was so close."
In den letzten Kriegsmonaten 1945 war Haydn Teil der alliierten Truppen, die von Holland und Belgien aus Deutschland einnehmen sollten. Im März 1945, nur zwei Monate vor Ende des Krieges - wurde er von einem Scharfschützen erschossen. Er ist gerade mal 22 Jahre alt geworden.
Der lange Schatten des Zweiten Weltkriegs
Für mich ist es erschütternd, weil sie mir diese Geschichte zum ersten Mal erzählt. Ich wusste nicht, dass meine Oma ihren Bruder im Krieg verloren hat. Ich habe meine Oma noch nie so traurig gesehen wie in dem Moment, als sie davon erzählt. Als sie von ihrem Bruder erzählt, hat sie Tränen in den Augen.
"When the war ended, everybody was having street parties to celebrate. But we were so close to losing our brother so we felt quite guilty going to join a party. They weren't happy times."
Als der Krieg vorbei war, haben die Menschen in England auf den Straßen gefeiert. Zu der Zeit war meine Oma 14 Jahre alt. Für sie war eher eine traurige Zeit, weil sie gerade erst ihren Bruder verloren hatte.
Auf einmal muss ich daran denken, was Granny damals über die jungen Leute und EU im Streit zu mir gesagt hat: "It's all the young ones who want to stay in because they think: We're going to Europe and it's part of us and that sort of thing but they don't look back to the history."
Nachdem sie mir die Geschichte von ihrem gefallenen Bruder erzählt hat, kann ich besser verstehen, warum sie das gesagt hat. Für sie ist Europa etwas ganz anderes als für mich. Meine Oma verbindet damit Krieg und den Tod ihres Bruders. Für mich ist Europa Reisen ohne Passkontrolle und Erasmus und meine eigene deutsch-britische Familie. Aber dieses Europa, das für mich so selbstverständlich ist, das gibt es erst seit ein paar Jahrzehnten.
Granny - Engländerin
Darum ist Granny keine Europäerin, sondern vor allem eins: Sie ist stolze Engländerin. Sie ist verbohrt und engstirnig und genau deshalb hat sie für den Brexit gestimmt. Für sie ist die EU weit weg. Sie ist mittlerweile fast 90 und reist nicht mehr. Sie hat das Gefühl, dass die EU weder für Großbritannien noch für sie Vorteile mit sich bringt.
Das ist keine besonders weitsichtige Entscheidung, aber immerhin kann ich nachvollziehen, warum sie für den Brexit gestimmt hat. Zum Glück hat sich in den 61 Jahren, die zwischen Grannys und meiner Geburt liegen, hat sich in Europa einiges getan. Ich möchte auf die Freiheiten, die ich deswegen habe, nicht verzichten - nicht auf das unkomplizierte Reisen oder die Möglichkeit, im EU-Ausland zu arbeiten. Und mein Zeit als Erasmusstudentin will ich auch nicht missen.