EU-BalkanstrategiePerspektiven für den Balkan in Europa
Die Europäische Union versucht, die Balkanstaaten an sich zu binden - auch mit Beitrittsgesprächen. Jetzt hat sie den genauen Fahrplan bekannt gegeben.
Die EU wird größer: Von den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens sind bereits Slowenien (2004) und Kroatien (2013) EU-Mitglieder. Mit ihrer jüngsten Westbalkan-Strategie will die EU-Kommission bis 2025 den Weg für die Aufnahme weiterer Länder aus der Region ebnen.
Sie sieht dabei Serbien und Montenegro als Favoriten. Allerdings gibt es nach den Kriegen der 1990er Jahre auch vielfältige Probleme. Die wichtigste Bedingung aus Brüssel: die Lösung aller Grenzkonflikte. Grundsätzlich sendet die EU aber positive Signale an die Balkanstaaten.
"Ihr seid sowieso Europa. Der Westbalkan, das ist das Herz Europas und nicht irgendeine Randregion."
Neben der EU betreiben auch Saudi-Arabien, die Türkei, Russland und China eine aktive Balkanpolitik. Ihre Interessen sind überwiegend wirtschaftlicher Art und stehen damit auch in Konkurrenz zu den Bemühungen der EU.
"Es geht ums Geld. Sie investieren. Da ist China zu nennen, aber es gibt auch den Versuch politisch Einfluss zu nehmen. Beispiel Serbien - das ist traditionell ein enger Verbündeter Russlands."
Die EU-Beitrittsperspektiven der Balkan-Ländern im Einzelnen
Serbien
- 7,1 Millionen Einwohner
- offizieller Beitrittskandidat
Serbien ist seit März 2012 Beitrittskandidat. Zwei Jahre lang wurde aber die Aufnahme von Verhandlungen verhindert, weil Belgrad die Unabhängigkeit der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo nicht anerkennt. Inzwischen strebt es unter EU-Vermittlung eine Normalisierung der Beziehungen an. In den Beitrittsgesprächen mit Brüssel wurden bisher zwölf von 35 sogenannten Verhandlungskapiteln eröffnet, in denen die EU-Standards festgehalten sind. Vorläufig abgeschlossen sind die Gespräche bisher nur in den Bereichen Wissenschaft und Bildung.
Montenegro
- 640.000 Einwohner
- offizieller Beitrittskandidat
Das kleine Balkanland an der Adria ist seit 2010 Kandidat und begann zwei Jahre später die Verhandlungen. Insgesamt sind bereits 30 Beitrittskapitel eröffnet, in drei Bereichen (Wissenschaft, Bildung, Außenbeziehungen) sind die Gespräche bereits vorläufig abgeschlossen.
Podgorica hat zudem bereits ein Abkommen über den Grenzverlauf mit dem Kosovo ratifiziert, das dort allerdings noch auf Widerstände stößt. Positiv gesehen wird in Brüssel auch, dass Montenegro im Juni vergangenen Jahres bereits Nato-Mitglied wurde.
Mazedonien
- 2,1 Millionen Einwohner
- offizieller Beitrittskandidat
Mazedonien ist seit Ende 2005 Kandidat. Die Aufnahme von Verhandlungen ist jedoch durch einen Namensstreit mit Griechenland blockiert. Athen fürchtet wegen seiner gleichnamigen Region Gebietsansprüche des nördlichen Nachbarn.
Bei den Vereinten Nationen ist das Land deshalb vorerst nur unter dem sperrigen Titel Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien Mitglied. Unter UN-Vermittlung wird derzeit eine Lösung gesucht. Der Namensstreit verhindert bisher auch einen Beitritt Mazedoniens zur Nato.
Albanien
- 2,9 Millionen Einwohner
- offizieller Beitrittskandidat
Albanien wurde im Juni 2014 Kandidat. In keinem anderen Westbalkan-Land ist die Begeisterung der Bevölkerung für die EU so groß. Verhandlungen wurden aber bisher nicht eröffnet. Es laufen noch Vorgespräche.
Die Kommission kritisiert die langsame und ineffektive Justiz sowie weitverbreitete Korruption. Auch das organisierte Verbrechen und Drogenhandel sind in dem südosteuropäischen ein Problem. Dennoch gehört Albanien bereits seit 2009 der Nato an.
Bosnien-Herzegowina
- 3,8 Millionen Einwohner
- potentieller Beitrittskandidat
Die EU hatte dem Land bereits 2003 den Status als Beitrittskandidat in Aussicht gestellt. Erst 2015 trat zunächst ein Assoziierungsabkommen in Kraft. Im Februar 2016 stellte Bosnien-Herzegowina offiziell den EU-Aufnahmeantrag.
Problem ist der anhaltende Streit zwischen den politischen Vertretern der drei größten Bevölkerungsgruppen: der Kroaten, der Muslime und der Serben. Er blockiert wirtschaftliche und gesellschaftliche Schlüsselreformen.
Kosovo
- 1,9 Millionen Einwohner
- potentieller Beitrittskandidat
Das mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnte Kosovo hatte sich ein Jahrzehnt nach dem Kosovokrieg im Jahr 2008 einseitig von Serbien losgesagt und für unabhängig erklärt. Auch fünf EU-Länder erkennen die Unabhängigkeit bisher nicht an: Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Zypern.
Um ein Wiederaufflammen der Spannungen mit Serbien zu verhindern, hatte die EU 2013 ein Normalisierungsabkommen zwischen beiden Seiten vermittelt. 2016 trat ein Assoziierungsabkommen der EU mit dem Kosovo in Kraft.
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