EU-AustrittBrexit macht Briten psychisch krank
Die Menschen in Großbritannien haben sich verändert. Dort herrscht mehr Isolation, Aggression und Angst. Ärztinnen und Ärzte bestätigen: Die Zahl der Menschen mit psychischen Problemen ist gestiegen. Laut Untersuchungen glaubt jeder Dritte, dass der Brexit der Gesundheit schade.
Der Brexit beeinträchtigt das Wohlbefinden vieler Britinnen und Briten. Wie sehr, zeigt eine Untersuchung der British Association for Counselling and Psychotherapy. Demnach glaubt jeder dritte Brite, dass der Brexit und die Diskussionen darum der psychischen Gesundheit schade.
Seit Brexit: Mehr Angst und Depression
Manche Psychologen sprechen sogar von einem "Brexit Anxiety Syndrome", also von einem "Brexit-Angst-Syndrom". So weit würde Emmy van Deurzen, Psychotherapeutin im Londoner Nordwesten, zwar nicht gehen. Aber sie kennt – wie sie sagt – hunderte, wenn nicht tausende Menschen, die seit dem Brexit unter Angst und Depressionen leiden.
"Neu und alarmierend ist, dass darunter auch viele sind, die normalerweise keine psychischen Probleme haben."
Emmy van Deurzen führt die plötzliche Häufung der psychischen Erkrankungen bei Britinnen und Briten auf die Lebensumstände in Großbritannien und die Diskussionen um den Brexit zurück. Die Beispiele, die sie nennt, sind erschütternd: "Ich höre von Leuten, die im Geschäft angespuckt werden oder auf der Straße beleidigt werden, weil sie eine andere Sprache sprechen. Kinder werden in der Schule gemobbt, wenn herauskommt, dass ihre Eltern der EU angehören."
Psychotherapeutin Emmy van Deurzen, die selbst vor 40 Jahren nach Großbritannien gekommen ist, stellt fest, dass sich in der Gesellschaft etwas verändert hat.
Brexit-Streit lässt Familien zerbrechen
In Emmy van Deurzens Praxis kommen Brexit-Befürworter und Brexit-Gegner. Sie erlebt viele Geschichten, zum Beispiel von zerbrochenen Familien. Unterschiedliche Meinungen und gegenseitiges Misstrauen sind der Kern von Streits zwischen Eltern und Kindern oder sogar zwischen Partnern, sagt sie.
Die BBC hatte familiären Zerwürfnissen durch den Brexit zuletzt sogar eine eigene Sendung gewidmet. Auch hier wurde die Frage gestellt, wie sehr das alles auf die Psyche schlägt. Symbolisch für viele Familien stand der Tweet von Chris, bei dem sich Eltern und Geschwister seit der Brexit-Abstimmung aus dem Weg gehen.
"Meine Eltern haben für den Brexit gestimmt, meine Geschwister und enge Freunde für 'Remain'. Wenn wir zusammen weggehen, sitzen die Remainer an einem Ende des Pubs und die Leaver am anderen."
In dieser BBC-Sendung saß auch Psychologin Gabrielle Rifkind. Wie auch einige ihrer Kollegin, zieht sie Vergleiche mit Krisenherden auf der Welt, die von brutaler Gewalt geprägt sind.
Als Psychologin und Konfliktvermittlerin hat sie 20 Jahre lang im Nahen Osten gearbeitet. Großbritannien, sagt sie in der Sendung, ist für sie "eine emotionale Krisenregion" und Identifiziert die zunehmende Isolation der Britinnen und Briten als ein großes Problem.
"Das Gefühl von Gemeinschaft geht verloren. Es gibt zu wenige Orte, wo Menschen miteinander ins Gespräch kommen. Oft sind Pubs geschlossen, wo früher politische Gräben überbrückt wurden. "
Psychotherapeutin Emmy van Deurzen sieht das ähnlich. Auch sie erlebt, dass Britinnen und Briten sich zunehmend isolieren, nicht mehr miteinander reden. Das Resultat: Ohne Austausch entwickeln sich Ängste und man erwartet vom anderen nur noch Aggression, sagt Emmy van Deurzen. Und das bewahrheite sich dann auch.