PartnerschaftErste Beziehung mit Mitte 20: Was tun, wenn wir später dran sind?
Aurora hat ihre erste Beziehung mit Mitte 20. Erst als sie offen genug ist, sich auf jemanden einzulassen, klappt es. Aber wie geht Beziehung überhaupt? Tipps für den Beziehungsalltag geben die Psychologinnen Svea Schmidt und Johanna Degen.
Aurora hat ihren jetzigen Freund vor einem Jahr über eine Dating-App kennengelernt. Damals schien er nicht so interessiert zu sein; Aurora fand das Gespräch nicht besonders inspirierend. Zu dieser Zeit neigt sie immer wieder dazu, dem anderen in der Kennenlernphase keine Chance zu geben. Sie bekommt schnell den Eindruck, dass es nicht passt.
"Er war der Erste, bei dem ich gesagt habe, ich gehe jetzt einfach zu diesem Treffen - ohne Erwartungen. Und auf einmal, wenn ich keine Erwartungen habe, passt es dann."
Ihre Freundin rät ihr dazu, generell eher mal etwas abzuwarten und dem Ganzen etwas Zeit zu geben. Nicht direkt aufzugeben, wenn es scheinbar nicht passt.
Es vergeht ein Jahr, dann matcht Aurora wieder mit dem Mann, den sie zuvor geghostet hatte. Sie ist dieses Mal offener und entscheidet sich dazu, sich nun doch mit ihm zu treffen.
"Mir haben in der Kennenlernphase diese Gefühle auch voll Angst gemacht. Und ich war dann in dieser Anfangsphase voll im Kampf mit mir selbst."
Die beiden verbringen Zeit miteinander und lernen sich besser kennen. Dann kommt es zu einem Gespräch: Die Frage steht im Raum, ob sie nun fest zusammen sind. Aurora ist unsicher, weil sie keine Beziehungserfahrung hat.
Was wird sich dadurch ändern, wenn man beschließt, zusammen zu sein, fragt sie sich? Muss man sich nun öfter sehen oder sich irgendwie anders verhalten? Ihre Bedenken amüsieren ihren Freund und er muss lachen. Er sagt ihr, dass sich gar nichts ändert, sondern alles genauso bleibt, wie es ist.
Verzerrte Vorstellung eines Zeitrahmens mit Entwicklungszielen
Unsere Vorstellungen von Beziehungen sind stark von gesellschaftlichen Normen und auch von den Medien geprägt, sagt Svea Schmidt. Sie ist Psychologin und Psychotherapeutin in Ausbildung ist.
Es herrsche eine bestimmte Vorstellung von Lebenszielen in bestimmten Altersphasen. Es werde propagiert, dass Beziehungen sehr wichtig sind. Dass man sozusagen ins Erwachsenenalter eintritt, wenn man eine Beziehung hat.
"Es gibt Menschen – sowohl in meinem privaten Umfeld als auch unter meinen Klientinnen und Klienten –, die sind schon über 30 und hatten noch nie eine Beziehung. Manche stört es gar nicht, weil es nicht zu ihrem Lebensentwurf passt."
In Filmen und Serien gehe alles superschnell und es gehe die ganze Zeit um Liebe und Heiratsanträge. Früher waren es Serien wie Sex and the City, heute eher Bridgerton, die unsere Vorstellungen von Romantik und Partnerschaft geprägt hätten, sagt Svea Schmidt.
Aus Sicht der Psychologin gibt es kein bestimmtes Alter, in dem wir partnerschaftliche Erfahrungen sammeln sollten.
Das Gefühl von Einsamkeit steigt an
Johanna Degen ist Sozialpsychologin und forscht an der Europa-Uni Flensburg. Aus Untersuchungen weiß sie, dass die Einsamkeit in unserer Gesellschaft stark zunimmt. Manche Menschen erleben in sozialen Zusammenhängen das Gefühl, dass sie nicht richtig dazuzugehören, dass sie alleine sind und niemanden haben.
"Es kann hart sein, einsam zu sein. Aber das, was sich Paare innerhalb von Beziehungen antun, ist mitunter auch sehr grausam."
Gefühlt wird es immer schwieriger, jemanden kennenzulernen. Das Dating verlagert sich zunehmend auf die Dating-Apps. Die Menschen haben sich nicht abgewendet von Beziehungen, sagt Johanna Degen. Sie wünschen sich Partnerschaft noch sehr stark, sagt sie. Seien aber in einem Modus, in dem es ihnen schwerfalle, Beziehungen zu initiieren und aufrechtzuerhalten.
Der Schlüssel bei der Suche nach einer Beziehung liege darin, dass man aktiv nach Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme suchen sollte, ohne dass man es versucht zu erzwingen. Und im Vorfeld sollten wir uns auch Zeit nehmen und uns fragen, was wir uns überhaupt von einer Partnerschaft erwarten, sagt Johanna Degen.