Vom IS entführte KinderAngst vor dem eigenen Kind
Immer wieder hat der IS Kinder entführt und sie zu Nachwuchsterroristen ausgebildet. Nach der Verdrängung der Terrormiliz aus manchen Gebieten sind viele Kinder wieder zurück bei ihren Familien. Doch manchmal sind die Eltern unsicher, was die Gehirnwäsche mit ihrem Nachwuchs gemacht hat, so unser Korrespondent Björn Blaschke.
Die Jesiden sind Angehörige einer kleinen Religionsgemeinschaft, die bei radikalen Islamisten als Ungläubige gelten - "weshalb man nach Lesart des IS mit diesen Leuten machen kann, was man will", sagt Björn Blaschke. Vor allem aus dieser Gemeinschaft habe der IS Kinder verschleppt - Mädchen und Frauen wurden als Sexsklavinnen gehalten, die Jungen wurden umerzogen, für den Kampf im Heiligen Krieg.
Gehirnwäsche und Waffentraining
Blaschke hat in einem Flüchtlingslager einen Jungen getroffen, der bei einem Bombardement in Mosul schwer verletzt wurde. Er berichtete unserem Korrespondenten, dass er zwangskonvertiert wurde und dass der IS ihn und andere Kinder zum Nachwuchsterroristen machen wollte.
"Man hat ihnen eine Koranschulung verpasst, sie an der Waffe ausgebildet, ihnen zum Teil beigebracht, wie man Autos lenkt, die mit Sprengstoff befüllt waren."
Der Junge hatte Glück, er wurde gerettet. Doch manche seiner Freunde, so Blaschke, hätten sich tatsächlich in die Luft gesprengt.
Kaum psychologische Betreuung
Bis zu drei Jahren waren die Kinder, die aus den befreiten Gebieten wieder zurückgekehrt sind, weg von ihren Familien. Manchmal scheint es den Eltern und Angehörigen zu gelingen, die Gehirnwäsche, die die Kinder vom IS erhalten haben, rückgängig zu machen, berichtet Blaschke. Aber es gibt auch ganz andere Fälle:
"Es gibt Kinder, die immer noch ihre Mütter oder Tanten anschimpfen, wenn die ihren Kopf oder ihre Haare nicht bedecken."
Mitunter haben Eltern sogar Angst vor ihren eigenen Kindern, weil sie deren Verhalten nicht abschätzen können und nicht wissen, ob sie auf bestimmte Trigger nicht doch gewalttätig reagieren, sagt Blaschke. Die Jesiden gehen mit dem Problem offen um, so unser Korrespondent, nicht so die sunnitischen Araber. Sie stehen bei vielen Bevölkerungsgruppen im Verdacht, freiwillig beim IS mitgemacht zu haben. Aus Angst, dass ihnen die Kinder weggenommen und sie als Mittäter angeklagt werden, schweigen die Eltern, so Blaschke.
Die Kinder bräuchten intensive psychologische Betreuung, doch die gäbe es kaum, das Problem werde viel zu wenig beachtet. Das gelte besonders für die sunnitischen Kinder, sagt Blaschke.