EnergiepolitikNord Stream 2: Streit um Pipeline
Noch mehr russisches Erdgas soll mit Nord Stream 2 direkt nach Deutschland und nach Europa gelangen – ohne lästige Zwischenstationen. Die USA wollen die beteiligten Unternehmen sanktionieren. Das Land hat eigene wirtschaftliche Interessen.
Die USA haben Sanktionen gegen am Pipelineprojekt Nord Stream 2 beteiligte Firmen auf den Weg gebracht. Seit 2011 liegt die Nord-Stream-Pipeline in der Ostsee, der Ausbau um zwei weitere Röhren läuft unter dem Namen Nord Stream 2. Das Repräsentantenhaus hat dem Gesetz bereits zugestimmt. Bald könnten es der Senat und schließlich der US-Präsident in Kraft setzen. Bereits Ende Juli diskutierte der Außenausschuss des Senats entsprechende Maßnahmen. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf stammt aus der gleichen Zeit.
Die amerikanische Seite sagt, sie wolle Europa vor der Abhängigkeit von russischem Gas schützen und die Ukraine nicht dadurch destabilisieren, dass dem Land Transitgebühren entgehen. Das Gesetz heißt entsprechend Protecting Europe's Energy Security Act. Deutschland sei beim Erdgas nicht abhängig von Russland, sagt Theo Geers aus dem DLF-Hauptstadtstudio.
"Es gibt schon eine diversifizierte Bezugsstruktur beim Erdgas."
Rund 13 Prozent der Bruttostromerzeugung in Deutschland wird durch Erdgas abgedeckt. 94 Prozent des hierzulande verbrauchten Erdgases werden importiert. 2018 wurde im Vergleich zu 1990 gut dreimal so viel Erdgas importiert. Ein gutes Drittel davon komme inzwischen aus Russland, sagt Theo Geers. Teilweise kommt es außerdem aus England – dort wird es in der Nordsee gefördert. Weitere eher unerhebliche Erdgasquellen für den Import sind Norwegen, Nordafrika, Libyen und Algerien.
Russland – zuverlässiger Erdgaslieferant
Ein verschwindend geringer Teil des Gases wird als Flüssiggas importiert, das dann zum Beispiel in Rotterdam und Ostende angelandet wird und dann über Pipelines weiter nach Deutschland kommt.
Wegen der russischen Annexion der Krim und des Ukrainekriegs gebe es berechtigte Zweifel daran, wie liefertreu Russland ist, sagt Theo Geers. Allerdings könnten sich die Unterstützer der Pipeline darauf berufen, dass Russland bislang immer seine Lieferverpflichtungen bei Erdgas eingehalten hat – egal wie angespannt die politischen Verhältnisse waren.
Kein Verständnis für US-Sanktionspläne
Außenminister Heiko Maas hat mit einem kurzen Statement auf die amerikanische Sanktionsdrohung reagiert. Die europäische Energiepolitik werde in Europa entschieden und nicht in den USA. Auch das Wirtschaftsministerium lehnt die Sanktionen ab.
"Es gab eine Reaktion aus dem Wirtschaftsministerium: Wir beobachten das mal weiter. Wir lehnen solche extraterritorialen Sanktionen ab."
Die deutsche Wirtschaft kritisiert die Sanktionen schärfer und fordert offen Gegenmaßnahmen. Ein Vertreter der deutsch-russischen Handelskammer in Moskau habe ihm sagt, man solle der amerikanischen Seite zu verstehen geben: Wenn ihr uns die Pipeline verweigert, dann werden wir eben auch die Flüssiggasterminals, die die Amerikaner gerne hätten, nicht bauen und kein Flüssiggas aus Amerika kaufen.
Verdacht: US-Sanktionen aus Eigennutz
Theo Geers vermutet, dass hinter den US-Sanktionsdrohungen amerikanische Interessen stecken. In Amerika werde durch Fracking eine enorme Menge an Erdgas produziert, mehr als das Land selbst verbrauchen kann. Der entscheidende Nachteil auf dem Energiemarkt: Es ist teurer als russisches Erdgas.
"Dieses Fracking-Gas hat nur den Nachteil: Es ist teurer als russisches Pipeline-Gas und es wird unter umweltpolitisch zweifelhaften Bedingungen gefördert."