FamilieWie viel Verantwortung wir für die Eltern haben

Zwischen Verantwortlichkeit und Loslassen: Jasmin und ihre Mutter Christiane sprechen über ihr Leben und ihre Mutter-Tochter-Beziehung. Hauptsache beide Seiten fühlen sich wohl, ist der Psychotherapeut Philipp Ruland überzeugt.

Viel emotionale Nähe ist da zwischen Jasmin und ihrer Mutter Christiane. Jasmin sagt über ihre Mutter: "Also ich bin schon immer mit meinen Gedanken sehr bei ihr." Räumlich waren sie längere Zeit recht weit auseinander, inzwischen wohnen sie ziemlich nah beieinander.

"Sie redet schon darüber, dass sie sich einsam und alleine fühlt, dass es schön wäre, wenn ich öfter kommen würde. Das darf sie ja auch."
Jasmin über die Botschaften ihrer Mutter

Jasmin empfindet es als schmerzhaft, dass ihre Mutter allein ist und sich auch alleine fühlt. Sie hat Schuldgefühle und sagt: "Es kommt immer in Wellen. Ich habe Phasen, wo es mich mehr belastet und dann auch Phasen, wo ich es ein bisschen vergessen kann."

Die beiden sehen sich etwas alle drei Monate. Von Jasmins zehntem Lebensjahr an haben sie zu zweit zusammen gewohnt – bis zu Jasmins Auszug, ohne Geschwister und ohne Vater. Das hat Mutter und Tochter besonders eng zusammenrücken lassen.

Ein bisschen eine Übermutter

Christiane sagt über ihre Art, die Mutterrolle auszufüllen: "Ich bin ein bisschen eine Übermutter gewesen, was eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre bei meiner Tochter." Heute ist Jasmin 30 Jahre alt. Ihre Mutter ist alleinstehend.

"Jasmin sprach von Schuldgefühlen. Also ich glaube, dass sie Schuldgefühl in dem Sinne nicht haben muss."
Christiane, Jasmins Mutter

Philipp Ruland findet das Wort Schuld im Zusammenhang mit familiären Beziehungen grundsätzlich problematisch. Der Psychotherapeut findet, wenn mit Schuld gearbeitet wird, ist man schnell in der Manipulation.

"Das Thema Schuld in Familien. Ich schulde dir was. Das ist das falsche Wort."
Philipp Ruland, Psychotherapeut

Grundsätzlich ist er der Ansicht, dass Kinder ihren Eltern deswegen nichts schulden, weil diese selber mal Kinder waren und denselben Luxus in ihrer Kindheit genossen haben.

So prägt die Eltern-Kind-Beziehung

Das ändert nichts daran, dass alles, was wir in unserer sozialen Interaktion tun werden, in der Interaktion mit den primären Bezugspersonen, also den Eltern, meistens angelegt ist.

Idealerweise fühlen sich Menschen in der Beziehung zu ihren Eltern oder zu einzelnen Elternteilen wohl, sagt er.

"Der Gradmesser ist immer, dass man sich in der Beziehung wohlfühlt und dass sie nicht belastend ist."
Philipp Ruland, Psychotherapeut