Digitalisierung im GesundheitswesenWie mehr Menschen die E-Patientenakte nutzen würden
Die elektronische Patientenakte soll bis Ende 2024 verbindlich eingeführt werden. Bisher nutzen weniger als eine Million Versicherte das Angebot. Viele wüssten nicht, wie die E-Patientenakte funktioniert, legt eine Studie nahe.
Deutschland tritt bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen auf der Stelle. Seit mehr als 20 Jahren wird über die Einführung einer elektronischen Patientenakte debattiert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach drückt nun aufs Tempo und sagt, die E-Patientenakte soll 2024 verbindlich für alle kommen. Bislang sind die Versicherten aber wenig überzeugt von ihr.
Nur rund 740.000 der mehr als 73 Millionen Versicherten nutzen die E-Patientenakte. Deswegen soll sich das Bundeskabinett Ende August mit einer Reform der elektronischen Patientenakte befassen und ihr so endlich zum Durchbruch verhelfen. Bis Ende 2024 soll sie dann verbindlich eingeführt werden und ein Jahr später soll sie dann von mindestens 80 Prozent der Versicherten genutzt werden.
"Deutlich weniger als eine Mio. Versicherte nutzen diesen freiwilligen Service. Jetzt soll die Akte bis Ende 2024 verbindlich eingeführt werden."
Eine Interview-Studie mehrerer deutscher Hochschulen hat viele Missverständnisse im Zusammenhang mit der Akte ermittelt. Demnach hätten Versicherte schlicht keine oder falsche Vorstellungen davon, wie das System genau funktioniert. Außerdem glauben viele, dass Ärzt*innen automatisch die Daten in der Akte einsehen könnten.
Aufklären über Funktionen der E-Patientenakte
Was ein Arzt oder eine Ärztin in der Akte lesen darf, das muss der oder die Versicherte aktiv mit einer PIN freigeben. Auch Krankenkassen haben keinen Einblick in die Gesundheitsdaten. Gesetzlich ist klar geregelt, welche Daten die Krankenkassen einsehen können – dazu gehören zum Beispiel Adress- und Abrechnungsdaten.
Die Versicherten haben einerseits Angst, dass zu viele ihrer Daten einsehbar werden. Andererseits gebe es auch Vorbehalte gegen die Eingriffsmöglichkeiten der Versicherten. Zum Beispiel könnte ein Patient Verschreibungen eines einzelnen Medikament aus der Akte löschen und so Medikamentenmissbrauch verschleiern.
Opt-out wird Standard
Die Vorbehalte aus der Bevölkerung gegen die digitale Akte sollen laut Bundesgesundheitsminister durch "sanften Zwang" gelöst werden. "Das wird der Standard für jeden. Opt-out", sagt Karl Lauterbach. Opt-Out bedeutet, dass jeder Versicherte automatisch die E-Patientenakte bekommt und aktiv widersprechen muss, wenn er oder sie die Akte nicht will.
Um mehr Versicherte überzeugen zu können, sollte auch die technische Infrastruktur deutlich verbessert werden, so die Forschenden. Denn aktuell ist es noch so, dass jede Krankenkasse eine eigene App für die E-Patientenakte anbietet oder anbieten will. Das führt bei Versicherten offenbar zu dem Eindruck, dass die Krankenkasse womöglich "digital mehr Gesundheitsdaten sammeln als noch im analogen Zeitalter. Die Studienautoren werben daher für eine Open-Source-App für ganz Deutschland, die alle Versicherten verwenden könnten.