Artenschutz in der ArktisExpertin: "Wenn wir den Eisbären ausrotten, geht es auch uns an den Kragen"
Sybille Klenzendorf ist Eisbärenexpertin. Seit 20 Jahren ist sie immer wieder in der Arktis und setzt sich für den Schutz der Tiere ein. Denn die verlieren infolge der Klimakrise ihren Lebensraum und ihre Nahrung.
Sybille Klenzendorf hat eigentlich Schwarzbär-Ökologie in den USA studiert. Doch seit bald 20 Jahren arbeitet sie als Artenschutz-Expertin und speziell zu Eisbären beim World Wide Fund For Nature (WWF). Die Organisation setzt sich weltweit für den Naturschutz ein.
Die Klimakrise bedroht die Eisbären
Sie ist deshalb regelmäßig in der Arktis. Im Sommer kann es dort durchaus warm werden – bis zu 20 Grad. Im Winter hingegen muss sie mit Temperaturen von -30 bis -40 Grad umgehen.
Ihr Anlaufpunkt ist meist Churchill. Das ist eine kleine Stadt an der Hudson Bay in Kanada, einer riesigen Meeresbucht. Die Stadt gilt als Hauptstadt der Eisbären. Im Herbst kommen die Tiere dort vorbei. Denn nach dem Sommer, wenn das Eis wieder friert, machen sie sich auf den Weg zur Robbenjagd.
Eisbären sind sehr schlau, sagt Sybille Klenzendorf. Trotz der riesigen Tatzen sind die Tiere sehr geschickt. Und sie sind sehr groß: Ein ausgewachsener Eisbär auf allen Vieren erreicht eine Schulterhöhe von 1,60 Metern. Ein aufgerichtetes Tier kann dann bis zu drei Meter groß sein.
Daten erheben und Schutzprojekte entwickeln
Bei ihren Reisen in die Arktis geht es darum, Daten über die Eisbären zu sammeln. Aber auch konkrete Projekte zu planen, umzusetzen und zu evaluieren. Der WWF arbeitet dabei mit den Menschen vor Ort zusammen. Denn die haben reichlich Wissen und Erfahrung. "Die Eisbären gehören zur Kultur und Tradition", sagt Sybille Klenzendorf.
Doch der Eisbär wird zum Risiko. Denn die Tiere kommen immer näher an die Dörfer heran. Sie suchen nach Nahrung und greifen auch die wichtigen Schlittenhunde an. Es geht also auch um den Schutz der Menschen und indirekt um den der Eisbären, die abgeschossen werden, wenn sie gefährlich nah kommen.
"Wie können wir es schaffen, dass die Menschen in der Arktis nicht verletzt werden und auch nicht die Eisbären?"
Als Schutz der Dörfer werden zum Beispiel Eisbärenpatrouillen eingesetzt und finanziert. Sie halten Ausschau nach den Tieren und versuchen sie möglichst früh, noch weit entfernt vom Dorf, zu vertreiben. Ebenso gibt es Geld für Zäune für die Schlittenhunde.
Die Klimakrise verändert auch das Leben der Menschen in der Arktis. "Bislang hatten die Menschen Eiskeller unter dem Haus. Jetzt müssen sie sich Gefriertruhen kaufen", erzählt Sybille Klenzendorf. Der Permafrost sei derart abgeschmolzen, dass alles im Matsch versinke. In den Dörfern bauen sie jetzt Stege.
"Der Permafrost ist so abgeschmolzen, dass die Häuser im Morast versinken."
Wenn der Klimawandel in diesem Ausmaß anhalte, dann sei im Sommer die Arktis bald komplett eisfrei, so die Eisbärenexpertin. Und das bedroht den Eisbären extrem: Denn die Tiere finden dann keine Nahrung. Die eisfreie Saison hat sich in den vergangenen 20 Jahren schon von zwei auf vier Monate verlängert, sagt Sybille Klenzendorf.
Der Eisbär wird vermutlich bis 2100 weitestgehend ausgestorben sein. "Aber wir können das Ruder noch herumreißen", sagt Sybille Klenzendorf.
"Wir werden viele Eisbären verlieren. Das ist quasi schon vorgebucht durch die CO2-Levels. Aber wir können die Art noch retten."
Der Eisbär sei längst ein Symbol für den Klimawandel. Wenn die Art ausstirbt, sagt das viel über den Zustand der Erde aus. "Das ist dann auch ein Symbol für uns, dass es uns an den Kragen geht", sagt Sybille Klenzendorf.