EintagsfliegenInsekten gefährden den Straßenverkehr
In der bayerischen Oberpfalz gibt es ein Problem mit Sex, genauer: mit Eintagsfliegensex. In einigen Orten am Fluss Naab paaren sich die Fliegen im August in Massen. Tierexperte Mario Ludwig erklärt, warum das gefährlich für Autofahrer und Fahrradfahrer sein kann.
Gegen 22 Uhr, wenn die Licht- und Temperaturverhältnisse stimmen, können wir im August, am kleinen Flüsschen Naab, regelmäßig ein Naturspektakel beobachten. Dann wandeln sich Massen von Eintagsfliegen gleichzeitig vom Larvenstadium zu erwachsenen Eintagsfliegen – und pflanzen sich im Anschluss direkt fort.
Kaum erwachsen bilden die Männchen riesige sogenannte Korpulationsschwärme. Diese Korpulationsschwärme begatten alle Weibchen, die in ihre Nähe kommen. Besonders gerne halten sich die Fliegen bei starken Lichtquellen auf, also zum Beispiel an Straßenlaternen entlang der Naab.
"Gerät ein Weibchen in einen solche einen Männerschwarm, stürzen sich die liebeshungrigen Eintagsfliegenherren sofort auf dieses Weibchen und versuchen es zu begatten."
Die Paarung der Massen von Eintagsfliegen findet in der Luft statt und dauert nur wenige Sekunden. Die Männchen klammern sich dabei an den Weibchen mit ihren Hinterleibszangen fest.
Tote männliche Eintagsfliegen sorgen für glatte Straßen
Problematisch ist dabei nicht der Fliegensex selbst, sondern was unmittelbar danach passiert: Die männlichen Fliegen sterben und fallen auf den Boden. Brücken und Straßen sind dann mit einer dicken Schicht aus toten Insekten bedeckt.
Die toten Eintagsfliegen bilden einen schmierigen Film, der die Fahrbahn glatt werden lässt. Diese Schicht kann bis zu zehn Zentimeter dick sein. Das ist für Auto- und Fahrradfahrer gefährlich.
"Und die hauen sich dann derart die Bäuche mit Eintagsfliegen voll, dass nach Aussagen der örtlichen Angelvereine, die Angler, die nächsten vierzehn Tage, nicht die Spur einer Chance haben einen Fisch zu fangen."
Damit es zu keinen Unfällen kommt, werden Brücken und Straßen zum Teil gesperrt. Die toten Insekten werden mit Schaufeln abgetragen und in die Naab geworfen – die Fische freuen sich. Laut Mario Ludwig haben die Fische durch die Eintagsfliegen so viel zusätzliches Fressen zur Verfügung, dass die Angler der Region im August fast keine Chance auf einen Fang haben. Die Fische sind einfach zu satt, um anzubeißen.
Halogenstrahler sollen Eintagsfliegen von Brücken der Naab fernhalten
Wissenschaftler glauben, dass die Naab besonders attraktiv für die Eintagsfliegen ist, weil ihr Wasser nur wenig belastet und der feinkiesige Gewässergrund besonders günstig für die Entwicklung der Eintagsfliegenlarven ist.
Damit wenigstens die Brücken der Naab nicht mehr betroffen sind, haben Gemeinden wie Schwarzenfeld und Schwandorf unterhalb ihrer Brücken Halogenstrahler angebracht. Die Strahler haben mehrere 1.000 Watt und sitzen in etwa drei Meter Höhe unterhalb der Brücken. Sie sollen die Eintagsfliegen unter die Brücke locken, damit die Männchen nach dem Massensex direkt in den Fluss fallen.
Die erwachsene Eintagsfliege soll sich nur fortpflanzen
Die männlichen Eintagsfliegen sterben nach dem Sex – aber für die Weibchen geht das Leben noch kurz weiter. Bevor auch sie sterben, legen sie ihre befruchteten Eier im Wasser ab – oder lassen sie vielmehr im Flug ins Wasser fallen. Das machen die Weibchen so lange, bis sie vor Erschöpfung sterben.
Das kurze Leben von erwachsenen Eintagsfliegen ist komplett darauf ausgerichtet, sich fortzupflanzen. Die erwachsenen Insekten können nicht einmal fressen: ihre Mundwerkzeuge sind verkümmert, ihr Darm ist nicht mehr zur Nahrungsaufnahme geeignet. Das gilt in diesem Fall allerdings nur für die geschlüpften, erwachsenen Exemplare: Die Larven der Eintagsfliege verbringen vorher zum Teil mehrere Jahre als Larve in Flüssen, Seen oder Bächen. Dort leben sie meist versteckt unter Steinen oder Pflanzen oder im Schlamm eingegraben.
Weltweit sind über 3.000 Arten von Eintagsfliegen bekannt, schätzt Mario Ludwig. Je nach Art leben die erwachsenen Eintagsfliegen mal nur ein paar Minuten, einen Tag oder eine ganze Woche.
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