Sterbeamme Johanna Wilke"Der Tod ist ein Tor in eine andere Zeit"
Johanna ist Sterbeamme und Bestatterin. Diesen Job hat sie auf der Reise ihres Lebens entdeckt. Davon erzählt sie Sven Preger in Eine Stunde Talk.
Johanna ist vorsichtig ausgedrückt nicht die typische Bestatterin: "Die Menschen erwarten einen älteren Herrn mit grauem Haar. Wenn sie mich sehen, sind sie erleichtert", sagt sie. Johanna begleitet Menschen auf der Schwelle am Ende des Lebens - als Sterbeamme und Bestatterin. Der Begriff ist kein Zufall, denn Johanna hilft Menschen über diese letzte, irdische Schwelle. Und den Menschen, die zurück bleiben.
"Ich sehe mich als Begleiterin von Menschen in Krisensituationen."
Dazu gehören auch Situationen, die uns sprachlos zurücklassen. Wir das Elternpaar, das sein zweites Kind kurz nach der Geburt verloren hat. Johanna versucht in solchen Situationen herauszufinden, was die Hinterbliebenen brauchen, ob sie zum Beispiel in die Abläufe eingebunden werden wollen. Für die Eltern hat das in diesem Fall bedeutet: sie haben ihr Kind noch einmal angeschaut, gekleidet und gebettet - zusammen mit Johanna. Der Tod macht ihr keine Angst: "Er ist eher wie ein Freund", sagt sie. Dieses Gefühl versucht Johanna so gut es geht zu vermitteln - zum Beispiel mit der Trauerbox, einem "Erste-Hilfe-Angebot für Menschen in Trauer".
"Mir ist es wichtig, die Angehörigen mit einzubeziehen."
Die Liebe zu diesem emotional fordernden Job hat Johanna in Japan entdeckt. Dort hat sie nach dem Abi ein Jahr lang in einer landwirtschaftlichen Kooperative gearbeitet. Die ersten drei Monate konnte sie sich kaum verständigen - sie war komplett auf sich selbst zurück geworfen. In dieser Krise hat sie einen besonderen Film gesehen: Nokan - die Kunst des Ausklangs. Darin geht es um einen Orchester-Musiker, der seinen Job verliert, und anfängt, als Bestatter zu arbeiten. Johanna war berührt und hatte das Gefühl, fündig geworden zu sein. "Viele haben gedacht: diese Phase geht auch wieder vorbei", erzählt sie. Heute ist Johanna teilweise selbständig, teilweise arbeitet sie am Lotsenhaus von Hamburg Leuchtfeuer.
"Was mich in meiner Arbeit trägt, ist der Glaube daran, dass es ein Danach gibt."
In "Eine Stunde Talk" erzählt sie von der Reise ihres Lebens, von der Schwelle am Ende und davon, warum der Tod weiblich ist.