Konstruktives Misstrauensvotum 1982Helmut Kohl zum Kanzler gewählt
Die Bundesrepublik Deutschland 1982: Hohe Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise, Nato-Doppelbeschluss und der Koalitionspartner FDP kehrt Kanzler Helmut Schmidt (SPD) den Rücken. Die Union stellt die Vertrauensfrage im Bundestag. Schmidt stürzt, und Helmut Kohl (CDU) wird Bundeskanzler.
Die Bundesrepublik Deutschland 1982: Hohe Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise, Nato-Doppelbeschluss und der Koalitionspartner FDP kehrt Kanzler Helmut Schmidt (SPD) den Rücken. Die Union stellt die Vertrauensfrage im Bundestag. Schmidt stürzt und Helmut Kohl (CDU) wird Bundeskanzler.
FDP - das Zünglein an der Waage
Die Bundesrepublik kämpft mit einer schweren sozialen und wirtschaftlichen Krise. Überdies ist sie gespalten in der Frage der Nachrüstung. Der Nato-Doppelbeschluss ist zwar eine Idee des SPD-Kanzlers Helmut Schmidt, aber die sozialdemokratische Partei lehnt diese Nachrüstung mehrheitlich ab. Die Differenzen in der Wirtschaftspolitik führen dazu, dass die Regierungsmitglieder der FDP, Hans-Dietrich Genscher (Außenminister und Vizekanzler), Otto Graf Lambsdorff (Wirtschaftsminister), Gerhart Baum (Innenminister) sowie Josef Ertl (Landwirtschaftsminister) zurücktreten. Helmut Kohl, Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag und Oppositionsführer, wittert seine Chance für ein konstruktives Misstrauensvotum und setzt sich als neuer Bundeskanzler durch.
Handlungsfähige Regierung gewährleisten
Ausgehend von der Erfahrung während der Weimarer Republik, deren Verfassung keine ausreichenden Sicherungsmaßnahmen im Falle einer Regierungsunfähigkeit vorsah, ist in Artikel 67 des Grundgesetzes das Instrument des konstruktiven Misstrauensvotums verankert worden.
Zwischen 1919 und 1933 kämpfte die Regierung immer wieder um stabile Mehrheiten. Es bestand die Gefahr, von einer Parlamentsmehrheit, die ausschließlich gegen die Reichsregierung gerichtet war, gestürzt oder destabilisiert zu werden. Dadurch war die Regierungsfähigkeit stark eingeschränkt bis hin zur Handlungsunfähigkeit.
Um diesen Zustand für die Bundesrepublik zu verhindern, sollte der Sturz einer Regierung nur dann möglich sein, wenn eine neue stabile Regierung von der Mehrheit der Abgeordneten unterstützt wird. Wird dem amtierenden Kanzler das Misstrauen ausgesprochen, wird gleichzeitig der neue Mehrheitsführer gewählt.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- den damaligen Innenminister Gerhart Baum (FDP): Er war gegen den Wechsel seiner Partei von der SPD zur CDU,
- die Historikerin Daniela Münkel: Sie spricht über die Hintergründe des Misstrauensvotums von Rainer Barzel (CDU) gegen Willy Brandt (SPD) 1972 und dessen Scheitern,
- den Historiker Manfred Görtemaker: Er erläutert die verfassungsrechtlichen Aspekte des Artikel 67 im Grundgesetz, der ein konstruktives Misstrauensvotum ermöglicht,
- den Deutschlandfunk Nova-Geschichtsexperten Matthias von Hellfeld: Er spricht über die politischen Gründe für die beiden Misstrauensvoten 1972 und 1982.