SüdamerikaEin Jahr Milei in Argentinien: Was seine Politik für Frauen bedeutet
Seit einem Jahr ist Javier Milei Präsident von Argentinien. Neben Kuriositäten zeichnet sich seine Amtszeit auch durch sinkende Inflationszahlen aus. Doch der Preis für Mileis Regierungskurs ist hoch. Unter anderem ärmere Frauen zahlen ihn.
Er wolle das Land auseinandernehmen und neu zusammenfügen – mit diesem Ziel ging Javier Milei in den Wahlkampf um das Präsidentenamt Argentiniens. Um unmissverständlich deutlich zu machen, wie er das meinte, trat er des öfteren mit einer Kettensäge in der Hand auf. Die Wähler*innen hat das wohl überzeugt: Vor rund einem Jahr, im Herbst 2023, wurde er zum Präsidenten gewählt.
Auf Javier Mileis Streichliste: Frauen und Soziales
Sein Motto "Es lebe die verdammte Freiheit!" – womit vor allem die Freiheit des Marktes gemeint ist – konnte Milei nicht ganz so radikal umsetzen, wie angekündigt. Dafür fehlen ihm die Mehrheiten im Senat und Nationalkongress, erklärt Diana Hörger, ARD-Korrespondentin in der Region. Doch anderes ist er sehr wohl angegangen, so hat er viele Ministerien und Staatsausgaben einfach gestrichen.
Der größte Erfolg seiner Radikalstrategie betrifft die Inflation, die das große Problem Argentiniens war, sagt die Korrespondentin. Sie lag zum Zeitpunkt der Präsidentschaftswahl bei sage und schreibe 25 Prozent im Monat, inzwischen liegt sie bei drei Prozent. Doch wirtschaftlich liegt das Land am Boden und es mangelt an Investitionen ausländischer Unternehmen.
"Milei hat gesagt, dass, bevor es besser wird, harte Zeiten kommen werden. Damit scheint er die Menschen bei der Stange zu halten."
Was Mileis Maßnahmen jedoch auch zufolge haben: Es leben nun noch mehr Menschen in Argentinien in Armut. 40 Prozent waren es vor seiner Amtszeit, 50 Prozent sind es jetzt, sagt Diana Hörger.
Frauen, die wenig Geld haben und anderweitig auf Unterstützung angewiesen sind, trifft es besonders hart, berichtet Azadê Peşmen. Die Journalist*in, Podcastproducer*in und -host war für eine Recherchereise im Oktober 2024 in Argentinien unterwegs und hat dort mit vielen Frauen gesprochen.
Azadê berichtet von Lorena, die in einer Beratungsstelle für geschlechtsspezifische Gewalt arbeitet. Sie selbst erhält für ihre Tätigkeit gerade einmal 72 Euro im Monat. Zehn der insgesamt 13 Mitarbeiterinnen bekommen gar kein Gehalt.
Frauenrechte als Feindbild
Die Beratungsstelle, in der Lorena arbeitet, finanziert sich zu 100 Prozent von Spenden, um die die Mitarbeiterinnen immer wieder werben müssen. Staatliche Unterstützung hat die Stelle noch nie bekommen. Wenigstens waren sie mal im Gespräch mit dem Frauenministerium, hat Lorena Azadê erzählt, aber das wurde abgeschafft.
Milei hat im Rahmen seines radikalen Sparkurses ganze Ministerien abgeschafft – darunter eben auch das Frauenministerium. Und er macht noch einiges mehr, um seine Einstellung zu Frauen und Feminismus deutlich zum Ausdruck zu bringen.
"Für Javier Milei ist Feminismus quasi der Endgegner seines Kulturkampfs."
Azadê erzählt: "Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, ließ Milei den Saal der Frauen im Präsidentenpalast in einen Saal der Nationalhelden umwandeln. Das machte er, indem er Porträts argentinischer Frauen durch 20 übergroße Porträts männlicher Nationalhelden ersetzen ließ." Außerdem bezeichnet Milei Schwangerschaftsabbrüche als "Mord" und möchte die bestehende hart erkämpfte Gesetzgebung zurückdrehen.
Angesichts solcher Entwicklungen, sagt Azadê, sieht sie die Zukunft der Frauen in Argentinien und ihrer Rechte eher pessimistisch. Gleichzeitig sieht sie Frauen wie Lorena, die nicht daran denkt, ihre Arbeit in der Beratungsstelle aufzugeben, egal wie wenig sie dort verdient.
Und Azadê verweist auf die argentinische Zivilbevölkerung, die sie als "sehr stark" bezeichnet. Das scheint ihr etwas Hoffnung zu machen, auch wenn die politischen Rahmenbedingungen gerade hart und feindselig sind.
In der Podcastfolge gibt Azadê Peşmen noch mehr Einblicke in die Arbeit von Lorena und in die schwierigen Bedingungen von Frauen in Argentinien, die vor ihren gewalttätigen Partnern fliehen. Außerdem geht es um die Frage, als wie skurril Javier Mileis gilt - und was er mit Donald Trump gemein hat.