Körperdysmorphe StörungHass auf den eigenen Körper

Eine körperdysmorphe Störung bringt Menschen dazu, ständig Fehler am eigenen Körper zu sehen. Sie empfinden das eigene Aussehen mitunter als so abstoßend, dass sie aus Scham den Kontakt zu Mitmenschen vermeiden. Hilfe finden Betroffene bei Ärzten.

Bei einer körperdysmorphen Störung (KDS) beschäftigen sich Menschen sehr stark mit einem vermeintlichen Makel in ihrem Aussehen. Sie haben permanent Sorge, hässlich zu sein. Diesen Makel nehmen oft allerdings nur die Betroffenen selbst wahr. Außenstehende können ihre Annahme häufig nicht nachvollziehen, für sie ist der Makel nicht sichtbar.

Robbie Williams von KDS betroffen

KDS ist eine psychische Erkrankung, die bisher nur wenige Menschen kennen – oft auch nicht die Betroffenen selbst. Mit einem Post auf Instagram lenkte Robbie Williams die Aufmerksamkeit auf die Erkrankung. Er schreibt unter anderem, dass er ein Buch über Selbsthass schreiben könnte, wenn es um seinen eigenen Körper gehe. KDS kenne er schon sein ganzes Leben lang. Bei ihm scheine es auch nicht aufzuhören.

Wie viele Menschen weltweit von KDS betroffen sind, ist unklar. Laut Schätzungen von Forschenden haben rund zwei Prozent der Erwachsenen diese psychische Erkrankung.

Ein typischer Körperbereich, auf den sich Betroffene fokussieren, ist der Kopf. "Sie denken zum Beispiel, dass etwas mit der Größe oder der Form ihrer Nase nicht stimmt. Oder ihre Haut beziehungsweise Haare seien nicht in Ordnung", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Laura Habke.

Besondere Pflegerituale der KDS-Patient*innen

Eine Folge der gestörten Selbstwahrnehmung: Sie verlassen nur noch selten das Haus, "weil sie Angst haben, dass andere sie auslachen könnten wegen ihres Aussehens", sagt Laura. Deswegen würden sie soziale Situationen vermeiden.

"KDS-Erkrankten fällt es schwer, das Haus zu verlassen, weil sie Angst haben, dass andere sie wegen ihres Aussehens auslachen könnten."
Laura Habke, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Manche Betroffene verbringen täglich auch viel Zeit mit Ritualen, von denen sie glauben, dass ihnen diese in Bezug auf ihr Aussehen helfen könnten, sagt Anne Möllmann, Psychotherapeutin an der Uni Bielefeld. "Personen gehen teilweise nicht mehr vor den Spiegel oder putzen sich im Dunkeln die Zähne, damit sie sich nicht im Spiegel sehen. Andere schauen sich dagegen viel im Spiegel an", beschreibt die Psychotherapeutin. Menschen mit KDS verbringen etwa viel Zeit damit, sich zu schminken oder zu kämmen, föhnen oder stylen, erklärt Anne Möllmann.

Dabei geht es den Betroffenen nicht darum, eitel zu sein. Sondern sie versuchen dem zu entsprechen, von dem sie denken, was in der Gesellschaft als "normal" gilt. Unbehandelt kann sich die KDS-Erkrankung weiterentwickeln zu Ess- oder Angststörungen oder Depression. Wie die Erkrankung bei Menschen entsteht, lasse sich nicht auf eine Ursache bestimmen. Es sei aber davon auszugehen, "dass bei der Entwicklung mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Menschen, die zu Perfektionismus neigen, sind etwas anfälliger für KDS. Es können auch Erlebnisse beigetragen haben, die Betroffene in der Kindheit oder Jugend erlebt haben", erklärt Reporterin Laura.

Erfahrungen aus der Kindheit

Solche Erlebnisse könnten zum Beispiel Kommentare über das Aussehen oder auch Mobbing-Erfahrungen sein. Es gibt auch Hinweise darauf, dass KDS-Patient*innen insgesamt ihren Körper und ihr Aussehen anders wahrnehmen, erklärt die Psychotherapeutin. Demzufolge würden sie Informationen, visuelle Reize, anders verarbeiten als nicht Erkrankte. Eine mögliche Behandlung für Betroffene ist eine kognitive Verhaltenstherapie. Diese zeige gute Erfolge, sagt Laura

"Eine kognitive Verhaltenstherapie zeigt wohl gute Erfolge bei Betroffenen. Dabei sollen sie lernen, sich im Gesamtbild zu sehen und sich vom Fokus auf einzelne Details zu lösen."
Laura Habke, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei KDS sind Medikamente, beispielsweise welche, die auch bei Depressionen eingesetzt werden. Dafür müssen Betroffene Rücksprache mit Ärzt*innen halten.

Wer bei sich selbst Symptome beobachtet, die auf eine körperdysmorphe Störung hindeuten, sollte sich Unterstützung bei Psychotherapeut*innen suchen oder zu Spezialambulanzen von Unikliniken gehen. Im Netz finden Betroffene außerdem Hilfen auf der Seite kds.net.