KonsumDynamische Preise: Mal mehr, mal weniger zahlen
Wenn wir etwas wirklich haben wollen, sind wir oft bereit, viel Geld auszugeben – vielleicht sogar mehr, als das Produkt eigentlich wert ist. Genau diese Kauflust macht sich "dynamic pricing" zunutze. KI und Algorithmen könnten es zum Preismodell der Zukunft machen.
Stellt euch vor: Ihr habt Hunger, freut euch auf euren Lieblingsburger – und dann seht ihr, wie der Burger mal teurer, mal billiger wird. Klar: Wenn ihr den günstigeren Preis erwischt, schmeckt der Burger womöglich noch besser. Habt ihr allerdings mehr bezahlt als eure Vorgänger*in, verdirbt euch der Ärger womöglich den Appetit.
So oder so ähnlich muss das Kopfkino von Menschen in den USA ausgesehen haben, nachdem die Burgerkette Wendy‘s angekündigt hatte, ihre Produkte mit sogenannten dynamischen Preisen zu versehen. "Burger-Baisse" nennt sich das, übersetzt: Burger-Börse. Was das Unternehmen aber erst mal bekommen hat, ist ein Shitstorm – denn die Idee, mal weniger, mal mehr für dasselbe Produkt zu bezahlen, kam bei Investor*innen und Kund*innen gar nicht gut an.
Preise waren noch nie in Stein gemeißelt
Dabei sind Preisschwankungen für ein und dasselbe Produkt nichts Neues, sagt Peter Kenning, BWL-Professor an der Uni Düsseldorf. Er beschäftigt sich mit Käufer- und Konsumentenverhalten und in dem Zusammenhang auch mit Preispolitik.
"Wenn Produkte näher ans Mindesthaltbarkeitsdatum kommen, wird der Preis reduziert, weil die Zahlungsbereitschaft der Kunden geringer ist."
In Wirtschaftssprache heißt das: Der Rabatt hilft, den Totalverlust zu vermeiden. Bei dem neuen dynamischen Preismodell kommt allerdings hinzu, dass die Preisänderung kurzfristiger kommt und für Außenstehende, also Kund*innen, womöglich immer weniger nachvollziehbar ist.
Mehrere Millionen Preisänderungen bei Amazon – am Tag
Dennoch ist "dynamic pricing" Fakt: Alleine bei Amazon gibt es täglich mehrere Millionen Preisänderungen. Auch im Lebensmitteleinzelhandel gibt es inzwischen häufig elektronische Preisschilder. Mit ihnen ist es prinzipiell möglich, Preise je nach Tag oder Tageszeit zu verändern, erklärt Peter Kenning.
"Wenn du an Silvester noch schnell den an diesem Tag sehr begehrten Löffelbiskuit für dein Tiramisu brauchst, bist du bereit, einen höheren Preis zu zahlen. Algorithmen und KI sind dabei, das zum Vorteil der Händler auszunutzen."
Einfluss auf die Einkaufspsychologie
Dass der Einzelhandel mehr Umsatz erzielen will, liegt auf der Hand. Auf der anderen Seite spielt das Vertrauen, das Kund*innen einem Händler entgegenbringen, eine enorme Rolle. Und das kann schwinden, wenn die potentiellen Käufer*innen jedes Mal einen anderen Preis angezeigt bekommt, gibt Peter Kenning zu bedenken.
Wendy’s ist übrigens zurückgerudert: Man werde nicht so weit gehen, in einem mit Menschen überfüllten Laden die Burger vor den Augen der wartenden Kund*innen zu verteuern, heißt es jetzt.
Langfristig wird sich "dynamic pricing" wohl durchsetzen
Doch langfristig, da ist sich Peter Kenning sicher, wird sich das dynamische Preismodell auf dem Markt durchsetzen. Das wiederum werde vor allem im Netz viele Vergleichsmöglichkeiten bieten, die Kund*innen dann unter Umständen auch mehr unter Druck setzen, möglichst den besten Preis abzustauben.