Kokainschwemme in DeutschlandDer Koks-Rekord

Der Deutsche Zoll hat in diesem Jahr so viel Kokain beschlagnahmt wie nie zuvor. Dahinter stecken ein internationaler Trend und eine Strategie der Drogenkartelle.

Kokain könnte auf dem Weg zur Massendroge sein, das zeigt die aktuelle Bilanz der Zollfahnder. Nach NDR-Recherchen hat das Bundeskriminalamt 2017 insgesamt knapp sieben Tonnen Kokain beschlagnahmt. "Das sind drei Mal so viel wie 2016", erklärt Jan Bungartz aus der Deutschlandfunk Nova-Nachrichtenredaktion. Die Drogenfahnder führen diese große Menge jedoch nicht allein auf ihre Ermittlungsmethoden zurück. Sie gehen davon aus, dass viel mehr Kokain gehandelt wird als vorher.

Hunderte Tonnen beschlagnahmt, viel mehr im Umlauf

Wie viel Kokain tatsächlich auf dem Markt ist, das kann die Polizei nur schwer schätzen: Indizien liefert ihnen jedoch die Ware, die sie beschlagnahmen kann. Anfang des Jahres hatte der Zoll in Hamburg über 700 Kilogramm Kokain beschlagnahmt und erst im November in Bremerhaven knapp eine Tonne. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.

"Bei den Millionen Containern, die in den großen europäischen Häfen wie Hamburg und Rotterdam ankommen, können Fahnder nur Stichproben machen. Vermutlich wird also nur ein Bruchteil von dem gefunden, was tatsächlich geschmuggelt wird," erklärt Jan Bungartz.

Überproduktion mit Ansage

Gegenüber dem NDR bestätigten die Deutschen Zollfahnder Zahlen einer internen Auswertung zum internationalen Handel. Demnach ist die beschlagnahmte Menge in den letzten Jahren deutlich angestiegen. 2016 wurden weltweit etwa 580 Tonnen beschlagnahmt, für 2017 werden ähnliche Werte erwartet. Zum Vergleich: 2012 waren es noch 312 Tonnen Kokain, die die Drogenfahnder abfangen konnten.

"Die Drogenexperten vom BKA vermuten dahinter eine Art Strategie - wenn mehr da ist, kann auch mehr gekauft werden."
Jan Bungartz, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Der plötzliche Anstieg in den letzten Jahren hängt vermutlich mit modifizierten Produktionsbedingungen in den Herkunftsländern zusammen, erklärt Jan Bungartz. In den Anbauländern Bolivien, Kolumbien und Peru werde mehr angebaut und effektiver verarbeitet, so der Leiter der Zollfahndung Hamburg René Matschke.

"Tatsächlich ist es so, dass sich das Angebot in Südamerika erhöht hat. Wir haben eine Kokainschwemme."
René Matschke, Leiter der​ Zollfahndung Hamburg

Eindrücklich ist beispielsweise eine Befragung der EU-Drogenbehörde. Sie hatte im letzten Jahr gefragt, wie viele EU-Bürger zumindest einmal Kokain konsumiert haben. Das Ergebnis: 4,5 Millionen räumten Kokainkonsum ein. Im Jahr zuvor waren es noch 3,5 Millionen. Und noch eine Quelle gibt es, um dem Kokainkonsum auf die Spur zu kommen. Für den Europäischen Drogenbericht wurden erhöhte Kokainrückstände im Abwasser großer europäischer Städte nachgewiesen.

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