Draußen sitzen und redenSo hilft die Zuhörbank bei Einsamkeit
Für Leute, die jemanden zum Zuhören und Reden brauchen, hat eine Initiative Bänke aufstellen lassen. Die Menschen sollen dort zusammensitzen und ins Gespräch kommen. Unser Reporter hat sich angeschaut, wie gut das klappt.
Wir leben in einer schnelllebigen, digitalen Gesellschaft: Hier eine Textmessage, da ein Videocall und eben schnell noch eine Sprachnachricht verschicken. Da kann das ruhige Gespräch unter vier Augen schon mal auf der Strecke bleiben – und das führt in einigen Fällen sogar zu Einsamkeit.
In der Coronazeit hat die Initiative "Zuhören draußen" deshalb ein Projekt gestartet: In Düsseldorf wurden Bänke aufgestellt, damit Menschen dort zusammenkommen und miteinander sprechen. Inzwischen stehen solche Zuhörbänke auch in vier anderen deutschen Städten: in Bonn, Ratingen, Ingolstadt und Dinslaken.
Ehrenamtliche Zuhörer*innen sitzen auf Bänken
Deutschlandfunk-Nova-Reporter Murat Koyuncu hat sich eine dieser Zuhörbänke am Düsseldorfer Rheinufer angeschaut. In der Mitte der Bank ist ein kleiner Schriftzug: "Zuhören draußen Düsseldorf". Über einen QR-Code können sich Interessierte über die Initiative informieren, wenn die Bank gerade nicht besetzt ist.
Wenn sie besetzt ist, dann sind ehrenamtliche Zuhörer*innen dort. Eine von ihnen ist Anna Vroomen: "Ich finde das gesellschaftlich wichtig. Aufgrund der aktuellen politischen Situation und des gesellschaftlichen Zusammenhaltes und auch der demografischen Entwicklung. Dass auch die Generationen vielleicht zusammenfinden können."
"Man kann Menschen durch ein simples Tool zusammenbringen – ohne Erwartungshaltung."
Auch Katharina van Betteray unterstützt das Projekt. Entweder sitzt sie einfach auf der Zuhörbank und wartet auf interessierte Passanten. Manchmal geht sie aber auch auf die Menschen direkt zu und erklärt ihnen, was hinter dem Projekt steckt: "Wir hören Menschen zu. Menschen, die hier wohnen, aber auch Menschen, die Touristen sind und von woanders kommen. Wir interessieren uns für die Geschichten von Menschen und reden gerne."
Ein Querschnitt der Gesellschaft – jedes Gespräch eine Überraschung
Für die dreifache Mutter ist das Projekt eine Herzensangelegenheit. Sie sagt, dass sie das Ganze auch ein bisschen als Spiegel der eigenen Haltung nutzt, wenn sie auf Menschen trifft, die auch mal ganz anders sind als sie selbst: "Ich habe da total viel von. Im privaten Umfeld strickt man sich ja seine eigene Bubble mit Menschen, die einem weitestgehend gleichgesinnt sind."
"Mal fühlt man mit, wird emotional, mal merkt man: Ach krass, da habe ich eine ganz andere Meinung."
Katharina van Betteray sagt, dass die Menschen, die das Angebot nutzen, sehr unterschiedlich sind. Ein Querschnitt der Gesellschaft: mal jung, mal alt und auch die Themen sind vielfältig. Für die ehrenamtlichen Zuhörer*innen ist das nächste Gespräch jedes Mal eine Überraschung: "Das sind ganz normale profane Dinge wie: Ich war letztes Wochenende in Hamburg, das war total schön. Oder meine Tante ist 80 geworden und da haben wir sehr schön gefeiert." Andere Leute sprechen eher über traurige Themen, etwa über den Tod einer nahestehenden Person.
Keine professionelle Hilfe bei ernsten Problemen
Es kommt auch vor, dass Menschen von sehr ernsten Problemen erzählen. In einigen Fällen wird auch klar, dass diese Personen professionelle Hilfe benötigen. Die Ehrenamtlichen dürfen aber keine psychologischen Ratschläge geben, betont Anna Vroomen: "Der Fokus liegt auf dem Zuhören. Wie das beim Sorgentelefon beispielsweise der Fall ist. Durch Zuhören Impulse schaffen, dass der Mensch selber für sich proaktiv wird, um die Selbstwirksamkeit auch zu stärken, darum geht es."
Für weitere Hilfestellung haben die ehrenamtlichen Zuhörer*innen Flyer dabei, mit den Adressen von unterschiedlichen Beratungsstellen. Die Ehrenamtlichen selbst werden auch unterstützt – durch regelmäßige interne Schulungen, um sich auszutauschen und weiterzubilden. Allerdings müssen sie auch nicht jedes Gespräch führen, erklärt Anna Vroomen: "Jeder Ehrenamtliche darf für sich Grenzen setzen und das ist auch wichtig. Dazu sind wir auch angehalten."
"Du musst dir nichts anhören, was dir vielleicht nicht guttut, worüber du nicht sprechen möchtest oder wenn dich etwas triggert."
Das offene Gesprächsangebot wird auch nicht immer angenommen. Für Katharina van Betteray ist das aber nicht schlimm. Sie findet es schon wichtig, regelmäßig an der Bank präsent zu sein: "Vielleicht nehmen die Menschen den Gedanken mit nach Hause. Nach dem Motto: Vielleicht höre ich meinem Gegenüber mal besser zu."
Information: Unser Bild oben zeigt keine der Zuhörbänke der Initiative "Zuhören draußen".