Allein unter Nazis"Es ist die blanke Angst"
Thomas Kuban ist Journalist und er hat Angst. Bis vor ein paar Jahren war er undercover in der Neonazi-Szene unterwegs, mit Glatze, Springerstiefeln, Bomberjacke und versteckter Kamera. Seine Geschichten sind in großen Magazinen erschienen, wurden im Fernsehen gesendet. Dafür musste er einen hohen Preis zahlen.
DRadio-Wissen-Autorin Angelika Fey hat Thomas Kuban irgendwo in einem Büro in Deutschland getroffen, an einem Wochenende abends. Thomas Kuban ist extrem vorsichtig, wenn er seine Geschichte erzählt. Er hat Angst, dass die Nazis sich an ihm rächen, wenn sie seine wahre Identität herausfinden. Darum ist Thomas Kuban auch nicht sein richtiger Name.
Thomas Kuban war schon ein paar Jahre in der Naziszene unterwegs - virtuell in Netzforen, als er sich 2003 entschloss auch in echt in unter Neonazis zu recherchieren. Er rasierte sich eine Glatze, trug Naziklamotten und ging mit versteckter Kamera auf ein großes Rechtsrockkonzert. Alles ging gut, Thomas Kuban wurde nicht enttarnt. Ab sofort war er häufig dabei, wenn die Neonazis auf Konzerten den Hitlergruß zeigten oder "Sieg heil" riefen. Er hatte Erfolg: Spiegel TV, Panorama - seine Storys liefen überall.
"Es war bis zum Schluss der Recherchen immer noch mal ein Erlebnis, wenn man die Bilder, die man gedreht hat, im Fernsehen sieht. Klar, das ist dann schon ein sehr zufriedenstellendes Gefühl, um es mal vielleicht so zu sagen."
Albtraum Doppelleben
Irgendwann gab es für Thomas Kuban nur noch eins: seine Recherche. Das ging so weit, dass er sich manchmal erschrak, wenn er sich selbst im Spiegel sah: mit Bomberjacke und Glatze. Er lernte sogar die Texte der Nazisongs auswendig, um bei Konzerten mitsingen zu können und nicht aufzufallen. Das alles ging nicht spurlos an ihm vorbei: Thomas Kuban hatte Albträume. Die hörten erst auf, als er sich entschloss, seine Undercover-Recherche abzuschließen.
"Wenn ich das heutige Wissen zum Beginn meiner Recherchen gehabt hätte, dann hätte ich es nicht gemacht. Also einfach, weil ich den Medienmarkt falsch eingeschätzt habe."