DopingskandalAnti-Doping-Agentur droht Russland
Die Welt-Anti-Doping-Agentur tagt im polnischen Katowice, um zu beraten, wie es weitergeht rund um den Dopingskandal in Russland.
Bei den olympischen Winterspielen 2018 durften russische Sportler nur als neutrale Athleten an den Start gehen. Dasselbe 2019 bei der Leichtathletik-WM in Katar. Keine russische Flagge, keine russische Hymne. Als Strafe für den Staat, der auch zugegeben hatte, Sportler systematisch zu dopen. Aktuell steht der Vorwurf im Raum, dass auch in jüngerer Vergangenheit Dopingdaten aus einem Moskauer Dopinganalyselabor der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) manipuliert worden sind.
Der Dopingskandal wurde 2014 in einem Dokumentarfilm der ARD von Hajo Seppelt aufgedeckt. Der hatte enthüllt, dass es in Russland eine Art organisiertes Dopingsystem gibt. Whistleblower haben angegeben, das wäre auf Anordnung des Staates passiert. Anlass damals waren die Winterspiele in Sotschi 2014. Die haben dazu geführt, dass die Wada in großem Rahmen Ermittlungen durchgeführt hat. Das Ergebnis war, dass die Wada Sperren für russische Athletinnen und Athleten verhängt hat.
Zuletzt ging es dann um die Rehabilitierung der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada und deren Wiederaufnahme in den Welt-Anti-Doping-Verband. Vor einer Rehabilitierung wollte die Wada allerdings Zutritt zum Moskauer Antidoping-Labor bekommen und Daten rund um die olympischen Spiele in Sotschi aus den Jahren 2012 bis 2015 mitnehmen und analysieren. Die Idee für den Deal: Russland soll bei der Aufklärung helfen und im Gegenzug darf die Rusada wieder zurück in den Welt-Anti-Doping-Verband.
"Der Deal war: Russland hilft mit, das Ausmaß des Dopingskandals transparent zu machen und dafür wird die Rusada rehabilitiert."
Im September 2019 aber hat die Rusada festgestellt: Bei dem Material, was sie aus Moskau bekommen hat, wurde sie anscheinend an der Nase herumgeführt. Beim Antidoping-Treffen in Katowice verhandelt die Wada jetzt über die olympischen Spiele in Tokio 2020 und berät, ob es wieder eine Strafe für Russland geben muss und ob russische Sportlerinnen und Sportler antreten dürfen.
Datensätze manipuliert
Laut Wada sind wohl viele Daten aus den Datensätzen gelöscht worden. Der neue Chef der Anti-Doping-Agentur Yuri Ganus, dessen Aufgabe es eigentlich war, die Glaubwürdigkeit für Russland wieder herzustellen, zeigt sich selbst zutiefst enttäuscht. Im Interview mit ARD-Doping-Experte Hajo Seppelt spricht Ganus von tausenden Manipulationen innerhalb dieser Datenbank, die von Hand gemacht wurden. Aus seiner Sicht eine Tragödie für den russischen Sport.
Yuri Ganus gibt an, dass er nichts von den Manipulationen wusste. Er vermutet eine Verschwörung hinter seinem Rücken. Die Manipulationen seien von Insidern vorgenommen worden. Ganus spricht von einer geplanten und bezahlten Aktion. Er sagt, dass das Moskauer Antidoping-Labor dem russischen Sportministerium untersteht. Damit könne es theoretisch Anweisungen aus dem Ministerium gegeben haben.
"Es ist nicht bekannt, wer es war. Wir wissen nur, dass die Russische Antidoping Agentur jetzt auch sagt: 'Schlimm. Wir stehen am Abgrund. Das hätte nicht passieren dürfen. Nun müssen wir mit ernsthaften Konsequenzen rechnen.'"
Was genau jetzt die Konsequenzen für Russland sein werden, darüber berät die Wada ab dem 04.11.2019 im polnischen Katowice. Sie will den neuen Bericht bis Ende November überprüft haben. Eine Entscheidung fällt frühestens Ende des Jahres.
"Es gibt eine Reihe von Konsequenzen für die Russen. Sie dürfen keine internationalen Wettbewerbe ausrichten, sich um keine Events bewerben. Die Russen wären für alle Sportarten gesperrt. Und alle Verbände müssen sich daran halten."
Wie hart die Konsequenzen für Russland ausfallen könnten, das hat Jonathan Taylor, der vorsitzende Wada-Ermittler, in einem ZDF-Interview skizziert: Russland könnte verboten werden, internationale Wettbewerbe auszurichten. Das Land darf sich um keine Sportgroßveranstaltungen mehr bewerben und russische Athletinnen und Athleten wären für alle Sportarten gesperrt.