DopingRio mit Russland?
Am späten Freitagnachmittag (17.6.) will der Leichtathletik-Weltverband (IAFF) in Wien seine Entscheidung über einen möglichen Ausschluss Russlands von den Olympischen Spielen bekannt geben. Es ist ein heikles Votum.
Einerseits sind die Hinweise auf anhaltendes Doping in Russland - ausgehend von zwei ARD-Fernsehdokumentationen, erhärtet durch die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA - erdrückend. Andererseits argumentieren russische Sportler, die sich als "sauber" sehen, es sei unfair, pauschal alle russischen Leichtathleten von den Spielen in Rio auszuschließen.
"Dass alle Leichtathleten einer Nation von den Spielen ausgeschlossen werden, hat es so noch nie gegeben."
Die russischen Leichtathleten sind schon seit Herbst suspendiert. Erst am Mittwoch wurde ein Bericht der Welt-Doping-Agentur (WADA) bekannt, in dem das Ausmaß des Doping-Skandals in Russland ziemlich drastisch beschrieben wird - unter anderem konnten mehr als 700 geplante Doping-Kontrollen nicht durchgeführt werden, in fast 50 Fällen wurde das verbotene Meldonium nachgewiesen.
Es geht aber gar nicht nur um Russland, sagt Philipp May, das werde oft vergessen.
"Den bulgarischen Gewichthebern droht das gleiche Schicksal, die sind zurzeit auch gesperrt."
Aber es seien halt "nur" die Bulgaren und nicht die mächtigen Russen, da rede dann keiner drüber. Dass es in Russland nur die Leichtathletik betrifft, glaubt eigentlich keiner.
"Es schreit danach, dass im Prinzip das ganze russische Sportsystem verseucht ist."
Es gebe aber nur in der Leichtathletik deutliche Beweise, sagt Philipp May. Vor allem nach dem WADA-Bericht habe man im Prinzip eine klare Handhabe bei den Leichtathleten. Wahrscheinlich gibt es aber auch in Russland saubere Leichtathleten.
"Klar, die Kollektivstrafe ist ein Problem. Man trifft wahrscheinlich auch Unschuldige. Andererseits: Wie willst du es anders machen?"
Das IOC will die Russen gerne dabei haben, sagt Philipp May. Die Russen seien dort sehr mächtig. Wahrscheinlich werden sie aber nicht um eine Sperre herumkommen.
Einzelstartrecht?
Vielleicht können die russischen Leichtathleten aber über ein Hintertürchen doch noch an den Olympischen
Spielen teilnehmen: per Einzelstartrecht, das der IOC nach einem "unabhängigen Dopingtest" vergeben kann.
Das heißt, der Leichtathletik-Weltverband könnte bekannt geben: Die russischen Leichtathleten dürfen nicht dabei sein. Und dann kommt der IOC und sagt: Ihr könnt aber diesen unabhängigen Dopingtest liefern. Und am Ende sind möglicherweise doch alle russischen Leichtathleten dabei in Rio.
Der "unabhängige Dopingtest", der jetzt noch - also vor dem Beginn der Spiele in Rio - gemacht werden könnte, hat aber ein großes Problem
"Jeder, der schlau ist - und die Russen sind schlau - hat schon längst gedopt. Mittlerweile sind die Stoffe aus dem Körper raus."
Das sieht auch Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), so. Er hat einen offenen Brief an Thomas Bach, den Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), geschrieben. Der DLV hält den unabhängigen Einzeltest für Quatsch.