Donald Trump wird US-PräsidentSchock, Bestandsaufnahme, Analyse
Donald Trump wird der nächste Präsident der Vereinigten Staaten. Das, was viele nicht für möglich gehalten haben, ist eingetroffen. Der Kandidat der Republikanischen Partei, der so viele Wähler verprellt zu haben schien, hat offenbar auch sehr viele für sich gewonnen.
"Man ist am Zweifeln, wenn man Politikwissenschaftler ist und eigentlich so sicher war, dass dieses Wahlergebnis so nicht ausfallen wird."
Die Bestürzung ist spürbar. Man müsse sich überlegen, was man übersehen hat, sagt der Politikwissenschaftler Christian Lammert. Auf welche Informationen man gehört hat, die nicht mehr funktionieren. Was man neu überdenken muss, um zu verstehen, wie die amerikanische Gesellschaft tickt.
"Man hat unterschätzt, wie wütend und frustriert große Teile der amerikanischen Gesellschaft sind."
Lammert macht eine neue Konfliktlinie in den Gesellschaften aus, eine Kluft zwischen Globalisierungsbefürwortern und -gegnern. Diese Kluft gebe es ähnlich auch in europäischen Gesellschaften - sie sei aber bisher nicht so stark auf dem Radarschirm gewesen und verlaufe zum Teil auch nicht entlang parteipolitischer Linien.
Fehleinschätzungen in den Umfragen
Scheinbar haben viele Leute in den USA nicht nur das Vertrauen in die Politik, sondern auch in die Umfrage-Institute verloren, so Lammert. Daher hätten sie ihnen scheinbar nicht die Wahrheit gesagt, als sie gefragt wurden, wen sie wählen.
"Die Kluft zwischen Globalisierungsbefürwortern und Gegnern hat ganz neue Wählerkoalitionen erzeugt, die man so in den Analyse-Modellen nicht drin hatte."
Florida hat für Trump gestimmt - gleichzeitig aber auch für die Legalisierung von Marihuana. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind in ihrer Gesamtheit äußerst schwer zu verstehen. Genau hier, bei diesen ganz neuen Konfliktlinien, sieht Christian Lammert das Problem.
"Hier gibt es viele Globalisierungs-Verlierer, die müde sind von den Versprechungen der letzten 20 Jahre."
Die Globalisierung habe 2008 zu einer massiven Wirtschafts- und Finanzkrise in den USA geführt. Die Bildungskosten seien immens hoch. Viele Familien könnten ihre Kinder nicht mehr an die Universitäten schicken.
Amerikanischer Frust
Das alles erzeuge einen Frust, der sich momentan entlade als Reaktion gegen das Establishment. Und das habe nichts damit zu tun, dass man konservativ sei.
"Man kann für die Homo-Ehe sein oder die Legalisierung von Marihuana - und trotzdem sagen: 'Diese Politik ist korrupt'."
Die US-Amerikaner haben nicht nur über ihren Präsidenten abgestimmt, sondern auch über die Abgeordneten im Parlament. Den Hochrechnungen zufolge haben dort die Republikaner weiterhin die Mehrheit, sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat. Trump kann seine Politik also sehr viel einfacher umsetzen als Hillary Clinton das gekonnt hätte und als Barack Obama das zuletzt konnte.
Die transatlantischen Folgen
Zweidrittel der USA halten Trump für nicht geeignet, ins Weiße Haus einzuziehen, sagt Crister Garrett, Professor für Amerikanische Kultur und Geschichte an der Uni Leipzig. Trotzdem hätten sie ihn jetzt zum Präsidenten gemacht. Es handele sich also ganz klar um eine Protestwahl gegen das Establishment.
"Trump ist eine amerikanische Erscheinung, aber ein transatlantisches Phänomen."
Viele Politiker in Europa haben jetzt gesehen, dass man mit Populismus Erfolg haben kann. Der Front National in Frankreich oder die AfD in Deutschland werden den Wahlkampf mit Freuden angeschaut haben, ist sich Christian Lammert sicher. Sie hätten verstanden, dass sie noch aggressiver auftreten und das Protest-Potential abschöpfen können.
"Die AfD wird in den Umfragen weiter zulegen."
Die Reaktion der meisten deutscher Politiker lässt sich mit einem Begriff zusammenfassen: Bestürzung.
"Das ist ein Schock."
"Das ist eine historische Zäsur - für Amerika und für die Welt. Für das transatlantische Verhältnis."
"Das war ein schwerer Schock, als ich gesehen habe, in welche Richtung es geht."
Frank Walter Steinmeier hatte Trump zuletzt einen Hassprediger genannt. Die deutsche Bundeskanzlerin war hingegen in den letzten Wochen sehr ruhig.
"Vielleicht hat Angela Merkel stärker als andere erwartet, dass es dazu kommen kann."