Soziale MedienInstagram boomt - damit auch das Suchtpotenzial
Nena Schink hat rund 5000 Follower auf Instagram. Sie ist keine der großen Influencerinnen, dennoch verbringt sie verdammt viel Zeit auf der Plattform, um noch mehr Likes und Herzchen zu bekommen. Bis sie versteht, dass ihr Verhalten wie eine Sucht ist. Ihr Instagram-Profil ist mittlerweile auf privat geschaltet – und sie will sich nicht mehr für ihre Follower auf Luftmatratzen rekeln.
Nena Schink ist 27 Jahre alt, Wirtschaftsjournalistin und eine Art "Wanna-Be-Influencerin". Auf Instagram hat sie 5000 Follower, die sie täglich bei Laune hält. Dafür verbringt sie zwei Stunden am Tag, 14 pro Woche und 672 Stunden im Jahr auf der Plattform.
Viel Lebenszeit für Instagram
Die Journalistin arbeitet beim Handelsblatt und die Idee kommt auf, dass sie für das Jugendblatt der Zeitung zur Influencerin werden könnte. Ab da dreht sich alles nur noch um Instagram: mehr Follower, mehr Herzchen, mehr Postings. Instagram wird immer wichtiger. 2018 hatte die Plattform eine Milliarde User und Userinnen weltweit, in Deutschland waren es 15 Millionen – und der Boom wird erst einmal anhalten.
Doch Nena Schink wird irgendwann klar, dass der Insta-Posting-Wahn sie unglücklich macht. Als persönlichen Tiefpunkt erlebt sie den Moment, in dem sie sich für noch mehr Herzchen ihrer Follower im Bikini auf einer Wassermelonen-Luftmatraze rekelt.
Über ihre Sucht hat sie das Buch "Unfollow. Wie Instagram unser Leben zerstört" geschrieben. In einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur beschreibt sie, wie es meistens nur noch um perfekte Selfie-Orte ging.
"Ich glaube, das Problem an Instagram ist, dass man die Realität nicht mehr wahrnimmt. Also man ist da, aber man ist nur halb anwesend."
Sie muss auch feststellen, wie wenig glamourös das Leben anderer Influencerinnen ist, wenn sie ihnen im realen Leben begegnet. Mittlerweile hat Nena Schink ihr Instagram-Profil auf privat gestellt – und sie will andere vor den Gefahren auf Instagram warnen. Für sie ist klar, dass die Plattform süchtig mache. Instagram sei letztlich vergleichbar mit ihrem Zigarettenkonsum.
Die Sucht nach Social Media
Mit dieser Einschätzung ist Nena Schink nicht allein. Ähnliches belegt eine Studie der DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Danach erfüllen 2,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zwischen 12 und 17 Jahren die Kriterien für eine Abhängigkeit nach der sogenannten Social Media Disorder Scale. Das heißt, sie sind süchtig nach Social Media. Bei Mädchen sind es 3,4 Prozent, bei Jungen 1,9 Prozent. Hochgerechnet auf alle 12- bis 17-Jährigen in Deutschland geht es um rund 100.000 Betroffene.
Mädchen zwischen 16 und 17 Jahren sind fast 3,5 Stunden pro Tag in sozialen Medien unterwegs, Jungen im selben Alter 2,75 Stunden. Am beliebtesten ist WhatsApp, danach folgen Instagram und Snapchat.
Besonders gefährdet: Menschen mit geringem Selbstwertgefühl
Ob Social Media zur Sucht wird, hängt von der Persönlichkeit ab. Doch für viele stellt Instagram eine Gefahr da. Auf Heise.de spricht die Psychologin Friederike Gerstenberg vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen darüber, dass Mediensucht vor allem für Personen mit geringem Selbstwert ein Problem sei.
Sie könnten sich schwer von der perfekt inszenierten "Insta-Welt" distanzieren. Sie macht auch deutlich, dass an Instagram und andere Social-Plattformen nicht nur Informatiker arbeiten, sondern eben auch Psychologen, damit wir Instagram noch toller finden. "Viele der verwendeten Methoden würde ich als Psychologin als unethisch bezeichnen und nicht am Wohl der Menschen ausgerichtet", sagt Friederike Gerstenberg.