Gesundheitspsychologin Sonia Lippke"Wir sollten die Einsamkeit als Warnblinkanlage verstehen"

Der Lockdown kann einsam machen. Aus der Einsamkeit raus zu kommen, ist nicht so einfach. Wichtig aber: Bitte ernst nehmen! Wer sich dauerhaft einsam fühlt, kann nicht nur psychisch leiden.

In Zeiten von Lockdown ist das Risiko höher als sonst, einsam zu sein. Wer sich einsam fühlt, sollte das als Warnung verstehen und ernst nehmen, sagt die Gesundheitspsychologin Sonia Lippke, Professorin an der Jacobs University in Bremen.

Einsamkeit kann schwere Folgen. Sonia Lippke: "Wir sehen, dass Menschen, die einsam sind oder sich einsam fühlen, auch eher krank werden. Andersherum könne es aber auch sein, dass diejenigen von uns, die krank sind, sich eher einsam fühlen.

Wichtig sei es vor allem, die Einsamkeit als Gefühl und Warnblinkanlage zu verstehen. Wenn wir sie verdrängen, nehmen wir langfristige gesundheitliche Schäden in Kauf.

"Folgen von Einsamkeit können sein: Depressionen, Herzinfarkt bis hin zu Krebs und Schlaganfall."
Sonia Lippke, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Jacobs University Bremen

Um die Einsamkeit abzuschütteln, reicht es nicht immer aus, sich zwanghaft mit anderen Menschen zu umgeben. Denn: Auch das ständige Aufeinanderprallen mit den WG-Mitbewohnern kann uns im Lockdown auf Dauer stressen.

Das Wichtigste sei es, die Hoffnung nicht aufzugeben und unsere sozialen Kontakte während des Lockdowns vor allem für die Zeit danach aufrechtzuerhalten.

Apropos Kontakte: Gegen Einsamkeit empfiehlt Sonia Lippke in erster Linie Bewegung im Freien. Unter Einhaltung der Corona-Regeln ginge das sogar in Gesellschaft.

"Wenn man beim Walken oder Joggen mit jemanden zusammen auf der sicheren Entfernung loszieht, kann das ganz viel in Bewegung setzen."
Sonia Lippke, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Jacobs University Bremen

Für alle, die gerade zu Hause sitzen, hat Sonia Lippke noch einen Tipp: "Einfach nur am Fenster zu stehen und zu hoffen, dass da mal jemand schaut und winkt oder freundlich lächelt, bringt meistens nicht so viel." Denn in der Regel beobachten wir dann Leute, die an der frischen Luft scheinbar ihr Leben leben. Dadurch fühlen wir uns dann selbst ausgeschlossen. Darum der Appell: Selbst raus an die frische Luft!

Lass dir helfen!

Bestimmte Dinge beschäftigen dich im Moment sehr? Du hast das Gefühl, dich in einer ausweglosen Situation zu stecken? Wenn du dir im Familien- und Freundeskreis keine Hilfe suchen kannst oder möchtest, findest du hier einige anonyme Beratungs- und Seelsorge-Angebote:

  • Telefonseelsorge: Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichst du rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen du über deine Sorgen und Ängste sprechen kannst. Auch ein Gespräch via Chat oder E-Mail ist möglich.
  • Kinder- und Jugendtelefon: Der Verein "Nummer gegen Kummer" kümmert sich vor allem um Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter der Rufnummer 116 111.
  • Muslimisches Seelsorge-Telefon: Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden unter 030 – 44 35 09 821 zu erreichen. Bei MuTeS arbeiten qualifizierte Muslime ehrenamtlich. Ein Teil von ihnen spricht auch türkisch.
  • Hier findest du eine Übersicht von allen telefonischen, regionalen Online- und Mail-Beratungsangeboten in Deutschland: suizidprophylaxe.de.