KarriereBerufliche Nachteile durch Dialekt und Akzent
Ist der Dialekt ein Jobkiller? Eigentlich sollten Dialekt und Akzent keinen Einfluss auf die berufliche Karriere haben. Aber leider haben sie das. Wer einen starken Dialekt spricht, verdient im Schnitt 20 Prozent weniger. Beim Hochdeutsch lernen kann eine Sprechtrainerin helfen, so unsere Reporterin Rahel Klein.
Anfang 2020 hat ein Forschungsteam eine Untersuchung dazu gemacht und kam zu dem Schluss: Wer in Deutschland einen starken Dialekt spricht, verdient im Durchschnitt rund 20 Prozent weniger als jemand, der oder die Hochdeutsch spricht – und das bei gleichen Fähigkeiten und Voraussetzungen, so unsere Reporterin Rahel Klein.
"Wer einen starken Dialekt spricht, verdient im Schnitt rund 20 Prozent weniger als jemand, der Hochdeutsch spricht."
Die Studie wurde veröffentlicht vom National Bureau of Economic Research in den USA. Zuvor hatte es eine Untersuchung in den USA gegeben – und auch dort zeigte sich, dass ein Akzent Einfluss auf das Einkommen hat.
Grundlage für die Studie über Deutschland waren Daten des sogenannten Sozio-oekonomischen Panels (SOEP): Dahinter steht eine unabhängige forschungsbasierte Infrastruktureinrichtung. Die aus den Befragung gewonnenen Daten werden von Forschenden aus der ganzen Welt genutzt.
Dialekt und Akzent im Job
Dass sich ein Akzent auf das Einkommen auswirkt, dafür kann es natürlich unterschiedliche Gründe geben. "Umfragen haben aber gezeigt: Wir Deutschen finden Dialekte zwar oft sympathisch, stempeln viele Dialektsprecher und -sprecherinnen aber auch gerne als ein bisschen deppert und ungebildet ab", sagt Rahel Klein. Solche Einstellungen können sich dann auf den beruflichen Aufstieg auswirken und diesen hemmen.
Auch deshalb suchen Menschen im Beruf Sprachtrainer und -trainerinnen auf. Zu ihnen gehört Nathalie Claude, die Menschen beibringt, wie sie ihren Dialekt oder Akzent loswerden und Hochdeutsch sprechen. Zu ihr kommen die meisten aus beruflichen Gründen. Privat stört ihr Dialekt oder Akzent sie gar nicht, aber im Job merken sie, dass sie nicht ganz ernst genommen werden, so Nathalie Claude.
"Die meisten kommen nicht privat, sondern eher beruflich. Da haben sie das Gefühl, die Leute belächeln sie oder nehmen sie nicht für voll."
Im Durchschnitt braucht es zehn bis 20 Unterrichtsstunden, damit ihre Klienten und Klientinnen Hochdeutsch sprechen. Am Anfang steht die Dialektanalyse, auch ein Stimmtraining und es wird erklärt, wie Vokale und Konsonanten auf Hochdeutsch klingen. Hinzu kommen die individuellen Bedürfnisse und vor allem der Beruf selbst. Nathalie Claude zum Beispiel geht dann die 100 bis 500 oder auch mehr Wörter durch, die der Klient oder die Klientin in ihrem beruflichen Alltag brauchen.
"Ich lasse mich immer sehr gerne auf das Vokabular ein, mit dem sich die Menschen befassen müssen. Das heißt, bei einem Anwalt, gehen wir die 100, 200, 300, 500 wichtigsten Worte durch, die er in seiner Arbeit braucht."
Abhängig vom jeweiligen Dialekt ist der Wunsch auch größer oder kleiner, ihn loszuwerden. Denn Dialekte werden unterschiedlich stark geschätzt beziehungsweise abgelehnt. Laut Statista hören Deutsche gar nicht gerne Sächsisch (mit 54 Prozent), dann folgen Berliner Schnauze und Bayerisch (mit je 21 Prozent) und Schwäbisch (17 Prozent). Westfälisch ist der Dialekt, der noch am besten wegkommt, den mögen nur zwei Prozent der Befragten überhaupt nicht.
Der Dialekt sollte eigentlich keine Rolle spielen
Dass Dialekte teils so starke Ablehnung erfahren, hat sicherlich viel mit Schubladendenken und Vorurteilen zu tun, so Rahel Klein. Jemand mit starkem Dialekt gelte schnell als ungebildet, nicht intellektuell und ungebildet. "Dabei ist das völliger Quatsch."
"Das hat sicherlich viel mit Schubladendenken zu tun und mit Vorurteilen."
Der Dialekt sollte keine Rolle spielen. Er wird sozial erworben und hat nichts mit den beruflichen Fähigkeiten zu tun.