DFB-Frauenfußball-NationalmannschaftWenig Spielerinnen mit Migrationsgeschichte
Die Zahl der DFB-Spielerinnen mit Migrationsgeschichte ist immer noch sehr gering. Woran das liegt, weiß Niklas Potthoff aus unserer Sportredaktion.
Im DFB-Team der Frauen sind es zurzeit nur drei Spielerinnen, die ursprünglich nicht aus Deutschland kommen: Nicole Anyomi, ihre Eltern kommen aus Togo und Ghana. Sara Doorsouns Wurzeln liegen in der Türkei und dem Iran. Kathrin Hendrichs Mutter stammt aus Belgien und auch die Spielerin wurde dort geboren.
Eine relativ geringe Anzahl, denn damit gibt es im aktuellen Kader nur drei von 23 Spielerinnen, die ursprünglich aus einem anderen Land stammen. Auch im Vergleich zur deutschen Bevölkerung insgesamt ist die Zahl niedrig: Denn rund jede/jeder Vierte verfügt hierzulande über einen Migrationshintergrund.
Zugang zu Familien schwieriger, wenn Väter überzeugt werden müssen
Zu den Gründen hat die Vizepräsidentin des DFB, Silke Sinning, gesagt, dass es den Vereinen oft schwerfalle, den Zugang zu Familien zu finden, wenn der Mann die klassische Führungsrolle innehabe. Das gilt vorallem für die Familien, bei denen der Vater erst davon überzeugt werden müsse, seiner Tochter das Fußballspielen zu erlauben.
"Ängste der Eltern sind Angst vor Entwurzelung und die Angst davor, dass die Tochter zu selbstbewusst sein könnte und der Familie den Rücken kehrt."
Zudem müssten für Mädchen aus Familien mit Migrationsgeschichte zum Teil auch 'geschützte Räume' geschaffen werden, sagt die Generalsekretärin des DFB, Heike Ullrich.
Hürde für Spielerinnen: Einen Verein zu finden, ist schwierig
Damit eine Spielerin eines Tages einmal in der deutschen Fußballnationallmannschaft spielen kann, braucht sie zunächst einmal ein Team, bei dem sie in ihrer Kindheit oder Jugend anfängt. Allerdings gibt es vor allem auf dem Amateur-Level viel weniger Frauen- als Männermannschaften.
Teams finden, in denen die Frauen spielen können
Das bedeutet, das junge Spielerinnen oft weite Fahrten auf sich nehmen müssen, damit sie überhaupt spielen können, weil es in ihrem direkten Umkreis keine Vereine mit Frauenmannschaften gibt.
"Borussia Dortmund hat zum Beispiel erst letztes Jahr eine Frauenabteilung gegründet. Das zeigt auch: Es gibt, was das Angebot angeht, noch Luft nach oben."
Dass nur vergleichsweise wenig Vereine eine Frauenmannschaft haben, hänge wiederum damit zusammen, dass die Zahl der weiblichen DFB-Mitglieder im vergangenen Jahrzehnt deutlich zurückgegangen sei, sagt Niklas Potthoff.
Seit 2010 hat sich die Zahl der DFB-Fußballerinnen halbiert
2,21 Millionen Spielerinnen und Spieler sind beim DFB aktiv. Allerdings sind knapp über zwei Millionen davon Jungs und Männer. Bei den Frauen fällt die Zahl sehr viel geringer aus: Es gibt nur rund 187.000 Spielerinnen.
Als ein positives Signal wertet unser Reporter, dass die Anzahl bei den Mädchen unter 16 Jahren in den Vereinen wieder angestiegen sei.
Seit der Saison 2016/17 ist jedoch ein deutlicher Rückgang zu verzeichen. Inzwischen gibt es rund 100.000 Spielerinnen weniger. Damals waren es noch rund 280.000. Seit 2010 hat sich die Zahl sogar halbiert.
"Deshalb sagen die Verantwortlichen: Wir müssen auch mehr Mädchen und Frauen mit Einwanderungsgeschichte für Fußball gewinnen. Wir brauchen mehr Mitglieder."
Vom DFB gebe es vor allem viele Worte, sagt Niklas Potthoff. Bei den Strategien des Fußballbundes sieht er Potenzial. Um die bestehenden Hürden zu überwinden, leisten auch Projekte, die Spielerinnen ins Leben rufen, einen Anteil.
Ein Beispiel dafür ist die Initiative "Scoring Girls", das die ehemalige Profifußballerin Tugba Tekkal 2016 gegründet hat. Sie ist kurdisch-jesidischer Abstammung und hat selbst lange vor ihren Eltern verheimlicht, dass sie in ihrer Freizeit Fußball gespielt hat.
Überzeugungsarbeit bei den Eltern leisten
Das Projekt "Scoring Girls" bietet Mädchen mit Migrationsgeschichte und auch denjenigen, die aus sozial schwächeren Schichten stammen, die Möglichkeit, an kostenlosen Fußballtrainings teilzunehmen. Ein wichtiger Teil der Arbeit bestehe auch darin, Eltern davon zu überzeugen, ihre Töchter den Fußballsport zu erlauben.
In den letzten Jahren ist die Initiative gewachsen: Inzwischen gibt es "Scoring Girls" an sieben Standorten, zum Beispiel in Köln und Berlin. Dort spielen zurzeit rund 200 Mädchen aus mehr als 15 Nationen regelmäßig Fußball.
Auf dem Bannerfoto, oben auf dieser Seite, ist die deutsche Startelf beim Spiel Deutschland - Spanien im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft der Frauen 2022 zu sehen:
Merle Frohms (Deutschland, 1), Sara Daebritz (Deutschland, 13), Lena Oberdorf (Deutschland, 6), Marina Hegering (Deutschland, 5), Lina Magull (Deutschland, 20), Alexandra Popp (Deutschland, 11) Klara Buehl (Deutschland, 19), Kathrin Hendrich (Deutschland, 3), Giulia Gwinn (Deutschland, 15), Felicitas Rauch (Deutschland, 17), Svenja Huth (Deutschland, 9)