Depressive FischeTodtraurig im Becken
Wenn dein Fisch kein Futter will, lustlos im Wasser steht und die Schwanzflosse nicht so richtig aufmacht - dann hat er vielleicht eine Depression.
Depression bei Fischen? Ja, das gibt es. Denn so ein Fisch, der hat Bedürfnisse: Er will ein Becken, in dem er schwimmen kann, er will ein Wasser, das frisch ist und wenn er ein Schwarmfisch ist, dann will er ein paar Fischfreunde um sich herum haben.
In Zoos oder großen Aquarien, wo sich Profis um das Wohl der Fische kümmern, da kennt man das Phänomen. Aber: "Depressive Fische, das ist für uns nicht so an der Tagesordnung", sagt Chris Fleu, Aquarist im Sea Life in Königswinter. "Das kommt wahrscheinlich häufiger vor bei Privatleuten, die nicht so die Zeit damit verbringen", meint er.
"Jeder kennt die armen Kampffische, die allein in so einem Marmeladenglas gehalten werden. Oder der Goldfisch, der in so einer Blumenvase gehalten wird. Das tut weh, das zu sehen. Den Tieren sieht man auch mit Sicherheit an, dass es denen nicht gut geht."
Anzeichen für eine echte Fisch-Depression? Man kann zum Beispiel an der Schwanzflosse erkennen, ob es einem Fisch gut geht, meint Chris Fleu: "Wenn er die nicht so aufmacht, sondern die wirklich zusammenkneift, dann ist das wie so ein schmerzverzerrtes Gesicht. Irgendwas stimmt nicht." Und bei einer Depression kommen noch weitere Anzeichen dazu:
"Ein depressiver Fisch ist halt absolut teilnahmslos. Der wird sich nicht bewegen, der sucht nicht nach Futter. Der steht einfach nur in seinem Wasser und wartet, dass die Zeit rumgeht."
In der medizinischen Forschung sind depressive Fische übrigens auch ein Thema. Zum Beispiel für Herwig Baier vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried. Er forscht an den biologischen Grundlagen von psychiatrischen Erkrankungen: "Unsere Hypothese ist, dass Fische an Depressionen leiden können und dass wir sie benutzen können, um therapeutische Wege zu finden, diese Depression zu behandeln."
Depressive Zebrafische in der medizinischen Forschung
Herwig Baier forscht deswegen seit einigen Jahren mit depressiven Zebrafischen. Die haben eine bestimmte genetische Mutation, die dafür sorgt, dass das Hormon Cortisol bei ihnen keine Wirkung hat. Cortisol bewirkt normalerweise, dass verschiedene Stresshormone im Körper abgebaut werden. Und das klappt bei diesen Fischen nicht. Aber: Ihm kann geholfen werden.
"Ja, da haben wir festgestellt, dass tatsächlich Medikamente, die in der Klinik eingesetzt werden, um depressiven Patienten zu helfen, auch bei unseren Fischen wirken."
Herwig Baier kippt einfach eine Dosis Fluoxetin ins Wasser - ein Medikament, das auch unter dem Namen Prozac bekannt ist. Danach verhalten sich die depressiven Zebrafische wieder wie ihre normalen Artgenossen. Und weil die Fische jetzt also reagieren wie ein depressiver Mensch, haben die Forscher die Hoffnung, dass sie dabei helfen können, neue Stoffe zu finden, die gegen Depressionen wirken. Bisher waren nämlich alle Medikamente reine Zufallsfunde. Mit den depressiven Zebrafischen kann man dagegen ein gezieltes Screening durchführen und so neue Wirkstoffe identifizieren.
Beschäftigungstherapie kann helfen
Und was ist jetzt, wenn ich zu Hause in meinem Aquarium einen depressiven Fisch habe? Den gleich mit Psychopharmaka zu füttern, das wäre ja wohl übertrieben. Chris Fleu rät, den Fisch einfach zu beschäftigen - am besten klappt das mit Futter:
"Man kann Futter in Gefäße tun, wo nur kleine Löcher drin sind, wo der Fisch immer dran picken kann. Oder wir machen so Futterbrocken, wo die Fische dran knabbern müssen."
Und noch drei Tipps:
- Der Fisch braucht ein ausreichend großes Becken.
- Die Wasserqualität muss stimmen.
- Ein Schwarmfisch braucht Gesellschaft.