David Mayonga über rassistische Polizeierfahrungen"Man ist in dem Moment einfach machtlos"

David Mayonga ist schwarzer Deutscher und wird unverhältnismäßig oft von der Polizei kontrolliert. Der Grund sei Racial Profiling, sagt David. Er hat inzwischen eine Taktik, wie er möglichst ruhig bleibt – auch wenn er wütend ist und sich ausgeliefert fühlt.

Als David Mayonga 12 Jahre alt war und von der Nachhilfe nach Hause ging, wurde er zum ersten Mal von der Polizei kontrolliert.

"Ich musste wie ein Verbrecher mit breiten Beinen und Händen am Fahrzeug stehen und wurde abgeklopft, während meine Nachbarn vorbeiliefen und den Blick hatten: Was hat der angestellt?"
David Mayonga

Zwei Beamte stiegen aus einem Zivil-Wagen aus und wollten seinen Ausweis sehen. Nachdem David den Beamten sagte, dass sein Kinder-Ausweis bei seiner Mutter ist, musste er seine Schultasche abgeben und die Hände hochhaltend zuschauen, wie alle seine Sachen auf der Motorhaube ausgeleert wurden.

Als David nachfragte, was die Beamten machten, meinten sie, dass sie nach Waffen und Drogen suchen würden. Einer der Männer kontrollierte ihn zwei Wochen später wieder. Danach hatte sich Davids Bild von der Polizei völlig verändert.

"Für mich war die Polizei immer was Tolles – bis zu dem Moment, als ich gemerkt habe: Die behandeln mich nicht so, als wäre das toll."
David Mayonga

Diese zwei Kontrollen waren für David die nachhaltig schlimmste Erfahrung mit der Polizei, wie er heute erzählt. Danach habe es noch andere grobe Situationen gegeben, die ihn aber nicht mehr so sehr schockierten. David ist in Deutschland geboren, in der bayerischen Provinz aufgewachsen und schwarz – er wird bis heute regelmäßig von der Polizei kontrolliert.

Wenn der Musiker heute eine Polizeistreife sieht, fragt er sich, ob es irgendwas gibt, das die Beamten bemängeln könnten. "Aber gleichzeitig ist es eh egal", sagt der Buchautor. "Wenn die Lust haben, dann werde ich rausgezogen und ich habe keine Chance, mich dem zu entziehen."

"Den Luxus nicht zu wissen, was da passiert, den hat man nicht als Mensch, der hier aufwächst und nicht aussieht wie die Mehrheitsgesellschaft."
David Mayonga

Wenn David im Straßenverkehr kontrolliert wird, wird er zunächst gefragt, woher er kommt, wohin er fährt und ob er schon mal etwas mit der Polizei zu tun hatte. "Wenn ich das dann verneine, außer eben solche Kontrollen, dann ist es je nach Beamten unterschiedlich", beschreibt der 38-Jährige.

Manchmal wird die allgemeine Verkehrskontrolle dann "zu einer Art Schengen-Kontrolle", wie David es bezeichnet: Er muss dann wie an der Grenze seinen Kofferraum öffnen.

Wenn er aber zu Fuß unterwegs ist, sind die Kontrollen noch unangenehmer – "weil ich dann einfach durchsucht werde. Also vor den Augen aller Passanten", erklärt David.

Davids Taktik bei Polizeikontrollen: Ruhig, aber bestimmt bleiben

Verärgert nachhaken tut David dabei nie, denn das würde die Lage eskalieren, sagt er: "Ich muss super freundlich fragen, aus welchem Grund die mich denn kontrollieren. Sollte ich in irgendeiner Weise meinem Zorn oder meinem Ärger darüber Luft machen, dass ich zum hunderttausendsten Mal kontrolliert werde, werde ich sofort nochmal anders behandelt."

Dann würde er sich nämlich aus der Perspektive der Beamten den polizeilichen Handlungen widersetzen, was die Situation weiter zuspitzen würde. Die Beamten merken auch oft an seinen Fragen, dass David sich mit solchen Situationen bereits auskennt. "Ich kann nicht sagen: 'Das dürfen Sie nicht', weil das kann sehr schnell sehr unangenehm werden."

"Immer freundlich bleiben ist gut, aber definitiv nachfragen und nie schweigende Zustimmung geben."
David Mayonga

Die Beamten geben meistens keinen Grund zur Kontrolle an, außer dass es "normal" sei, so David. Er hat einen ernüchternden Blick auf diese Situationen: "Natürlich ist die Begründung Racial Profiling. Das ist die Realität."

Racial Profiling ist laut der Bundeszentrale für politische Bildung, wenn Polizisten oder andere Behörden Personen nicht aufgrund eines konkreten Verdachts kontrollieren, sondern allein aufgrund von äußeren, ethnischen Merkmalen – insbesondere Hautfarbe oder (vermuteter) Religionszugehörigkeit.

Im Inneren ist David natürlich nicht ruhig: "Ich bin so sauer. Man ist in dem Moment einfach machtlos", beschreibt der studierte Pädagoge. "Du weißt, du bist einfach ausgeliefert. Der Beamte kann machen, was er will."

Racial Profiling: Ein Moment der Machtlosigkeit

"Das Schlimme ist, dass ich das als der Mensch, der ich bin, über die Jahre gelernt habe", erklärt der Künstler zu seiner Taktik. Wenn David sich mit Jugendlichen unterhält, wissen diese oft nicht, wie sie sich in solchen Situationen verhalten sollen, weil ihnen das nicht beigebracht wird. "Niemand sagt dir: Du musst aufpassen, du bist im Profiling-Bereich der Polizei", sagt David. "Du musst wissen, was die dürfen. Du musst wissen, was deine Rechte sind."

David hat einen ganz klaren Wunsch, was die Verbesserung der Situation angeht: Eine bessere Ausbildung der Polizei. "Dass es wirklich eine intensivere Ausbildung bedarf, was zwischenmenschliche Arbeit betrifft", erklärt er weiter.

Das beinhaltet für ihn auch eine gründlichere psychologische Schulung und auch die Perspektive, dass die Beamten irgendwann ohne Waffen unterwegs sind, "dass das menschennähere Leute sind."