DatingWenn wir im Winter Nähe brauchen
Den Winter mit einer bestimmten Person verbringen, kuscheln, Sex haben - aber nur, bis der Frühling uns wieder raus treibt zu neuen Abenteuern: Die Suche im späten Sommer und Herbst nach einem Menschen zum Überwintern nennt sich "Cuffing Season". Anne und Psychologin Pia Kabitzsch erklären, was hinter dem Phänomen steckt.
Gefühlt steht uns in den kalten Jahreszeiten der Sinn besonders nach Kuscheln. Auch Anne, die im Podcast "Dreierlei" unter anderem über Dating spricht, kennt dieses Phänomen aus ihrem eigenen Leben.
Sie glaubt, das Bedürfnis beim Dating im Sommer ist anders als im Winter. Im Sommer fühlt sich Anne freier, hat einfach mehr Lust, ganz viele unterschiedliche neue Menschen kennenzulernen und ihr Leben einfach flowen zu lassen. In den kalten Jahreszeiten hingegen sucht Anne sich gerne eine besondere Person zum Überwintern.
"Da macht man Kerzen an, kommt ein bisschen zur Ruhe und hat auch nicht mehr so viel Energie, und da ist man offener für eine Person, mit der man irgendwie chillen will."
Im letzten Jahr hat Anne schon frühzeitig im Sommer Menschen kennengelernt, von denen einer dann mit ihr den Winter verbracht hat. In diesem Jahr, sagt sie selbst, hat sie sich noch nicht genug umgeschaut und daher noch keinen potenziellen Winter-Kuschelpartner gefunden.
Das Phänomen "Cuffing"
Hinter der Suche nach einer kurzzeitigen Beziehung oder Freundschaft Plus zum Überwintern steht der Begriff "Cuffing". Also das "In-Handschellen-Legen" beziehungsweise festlegen auf eine Person.
Die Psychologin Pia Kabitzsch erklärt, dass es drei unterschiedliche mögliche Gründe für dieses Bedürfnis gibt:
- Ganz Früher, als es noch keine Heizungen gab, brauchten Menschen um zu überleben in den kalten Monaten andere Menschen, mit denen sie kuscheln konnten, um sich warm zu halten. Das wäre eine evolutionsbiologische Erklärung für den erhöhten Kuschelbedarf. Pia Kabitzsch meint, dass sich dieser Instinkt zu einem kleinen Teil möglicherweise bis jetzt erhalten hat.
- Im Winter produziert der Körper weniger Serotonin, was zum Winterblues führen kann. Der latenten Antriebslosigkeit und Melancholie kann unter anderem durch Partnerschaft entgegengewirkt werden. Das Adrenalin der Kennenlernphase führt zu Antrieb. Das Dopamin, das Verliebte vermehrt ausschütten, macht uns glücklichund das Kuschelhormon Oxytocin hilft, Stress und Angst zu reduzieren.
- Im Winter liegen ebenfalls viele Feiertage, die mit der Familie verbracht werden. Pia Kabitzsch erklärt, dass deshalb der Wert der Familie besonders in den Vordergrund rücken kann. Außerdem ist es möglich, dass dadurch die Fragen nach einer Partnerschaft von Familienangehörigen umgangen werden können. So macht es Anne, die dann erklärt, dass sie sich gerade mit jemandem trifft.
"Cuffing-Season" ist nicht belegbar
Auch wenn es sowohl bei Pia als auch bei Anne eine gefühlte Wahrheit ist, dass sie sich gerade im Winter mehr wünschen zu kuscheln und ein Bedürfnis nach Partnerschaft haben, ist es Wissenschaftlich mit Zahlen nicht belegt, dass wir uns im Winter eher an einen Menschen binden, sagt Psychologin Pia Kabitzsch.
"Das klingt alles sehr strategisch, aber das macht man auch ziemlich viel unterbewusst."
Im Freundeskreis von Anne findet sich dieses nicht belegbare Phänomen aber häufiger. Sie sagt, dass es oft nicht so strategisch abläuft, wie es sich anhört.
Falls wir aber jemanden zum Überwintern sucht, raten sowohl Pia Kabitzsch als auch Anne dazu, von Anfang an bei der Suche offen mit diesem Bedürfnis umzugehen. Das bedeutet: Sowohl zu kommunizieren, dass wir uns mehrere Treffen wünschen, dass aber auch noch nicht klar ist, ob diese Winter-Romanze sich darüber hinaus weiterentwickelt.