Telematik-TarifeEin unmoralisches Angebot
Die größte Versicherung Deutschlands, Allianz, hat jetzt eine Autoversicherung vorgestellt, die besonders günstig sein soll: den Telematik-Tarif. Davon profitieren Autofahrer, die besonders umsichtig fahren. Dafür werden die Daten ihres Fahrverhaltens an die Allianz übermittelt. Der Einstieg in den Verlust unserer persönlichen Freiheit?
Wer den Telematik-Tarif nutzen will, zeichnet mit einem speziellen Gerät beispielsweise auf, wie schnell wo gefahren wird, oder ob stark gebremst oder stark beschleunigt wird. Diese Daten werden dann an die Versicherung übermittelt. Besonders umsichtige Fahrer zahlen dann weniger Geld. Aus Datenschutzsicht ist das nicht ganz so schlimm: Die Autoversicherung erfährt tatsächlich nicht, wer wann wo wie schnell gefahren ist. Ein Computersystem abstrahiert die Daten und übermittelt an die Versicherung lediglich einen Punktewert.
"Die Versicherung bekommt nur eine Interpretation des Ganzen von einem Computer geliefert: Marlis Schaum, Monat März, +15 Punkte für gutes Fahren."
Gut, wenn damit der ein oder andere Vekehrsrowdy über das Portemonnaie zur Vernunft gebracht werden kann, aber: "Ich will mir eigentlich nicht von meiner Versicherung vorschreiben lassen, wie ich zu fahren haben. Die ist ein Dienstleister für mich, niemand, der Regeln aufstellt“, sagt unser Netzautor Konstantin Zurawski. Immerhin: Strenge Verkehrsregeln kommen der Allgemeinheit zugute.
Erschreckendes (noch fiktives)Szenario
Verschärft wäre das Prinzip Überwachung gegen Bonus zum Beispiel, wenn Krankenkassen mit Lebensmittelhändlern zusammenarbeiten und den Konsumenten einen dauerhaften Rabatt versprechen, wenn jemand sich gesund ernährt: Dann geht es nicht mehr um die Allgemeinheit wie beim Autofahren, sagt Konstantin, "sondern viel mehr um einen persönlich und natürlich die Krankenversicherung, die Geld sparen will. Da kann man also schlecht mit dem Nutzen für eine große Gruppe argumentieren."
Negativbeispiel Fitnessarmband
Die Oral Roberts University schreibt ihren Studenten sogar vor, ein Fitnessarmband zu tragen, das ihre Aktivität aufzeichnet. Je
nachdem, wie viel oder wenig Sport der Student treibt, hat das Einfluss auf die Noten. Das Problem solcher Prinzipien, die durch Überwachung einen potenziellen Bonus versprechen, ist nicht nur der Datenschutz, so Konstantin: "Auch eine mögliche Abhängigkeit ist die Folge, die durch die Konkurrenz zu anderen noch verstärkt wird."
"Ein solches System ist nicht per se schlecht. Es kann aber recht perfide Ausmaße annehmen. Es bedeutet im schlimmsten Fall die Einschränkung der persönlichen Freiheit, wenn wir es nicht schaffen, der Verlockung zu widerstehen."