Das perfekte Buch für den Moment…wenn dir deine Freunde und Freundinnen fehlen
"Was man von hier aus sehen kann" verschaffte ihr den Durchbruch und machte sie zum Star der deutschsprachigen Literaturszene. Doch Mariana Leky verzauberte schon lange vorher mit ihren Werken. Der Debütroman "Erste Hilfe" ist dafür ein lesenswerter Beleg.
2004 ist sehr lange vor 2017. Seit 2017 kennen aber so ziemlich alle, in deren Leben Bücher eine Rolle spielen, sie: Mariana Leky. Mit "Was man von hier aus sehen kann" wurde sie Bestsellerautorin. Und spätestens seit 2023 ist sie zusätzlich auch denen bekannt, die sich Bücher lieber in der Kinoversion zu Gemüte führen. Doch schon 2004 zauberte sie in ihrem Debüt "Erste Hilfe" eine Welt, die rückblickend schon ganz schön Leky war.
Freundschaft, Angst und ein Riesenhund – all das ist sehr Leky
Im Roman "Erste Hilfe" besteht diese Welt aus mehreren Räumen: einer WG, einem Café, einer Zoohandlung und ab und zu einem Tonstudio. Darin treffen wir eine namenlose Erzählerin, Frauenschwarm Sylvester, die gemeinsame Freundin Matilda und ihren – wie bei Leky kaum anders zu erwarten – riesigen Hund Januar.
Als namenlose Erzählerin steht man also vor diesen Türen, quasi im Flur, und ist hin- und hergerissen, weil man am liebsten in jeden dieser Räume eintreten möchten. Man möchte Sylvester, nachdem er in den Zug gestiegen ist, vermissen, aber eigentlich auch nicht, weil er ja wiederkommt. Das sagt er zumindest.
"Nachdem man einige Leky-Räume gesehen hat, möchte man am liebsten in allen auf unbestimmte Zeit versacken."
Doch in Sylvesters Zimmer schläft zurzeit Matilda, eine gemeinsame Freundin, die aber seit kurzem irgendwie anders ist, verfolgt wirkt. Matilda, die eigentlich immer, egal wie spät oder müde oder betrunken, abends noch nach Hause zu sich fährt, weil sie lieber zu Hause schläft.
Drei plus Hund = Mittel gegen Einsamkeit
Eines nicht so schönen Nachmittags steht sie mit ihrem Riesenhund Januar vor der Tür und fragt ausgesprochen leise: "Kann ich bei euch schlafen?" Klar, kann sie. Aber dann bittet sie, noch einen Tag länger bleiben zu dürfen und dann noch einen. Dann gesteht sie, dass sie wahrscheinlich verrückt geworden ist, nicht mehr die Straße entlanggehen kann und deswegen nicht nach Hause kommt, überhaupt nirgendwohin mehr kommt.
Und man selbst hat einen Knoten aus Autobahnen im Kopf, mehrspurig. Man ist Ende 20, wird seit zehn Jahren gefragt, wann man denn nun fertig studiert hat. Dabei ist es auch ohne die Fragerei schon anstrengend genug. Und so stellt man fest, dass man verdammt aufgeschmissen und einsam wäre, gäbe es Sylvester, Matilda und Januar nicht, egal wie halb verliebt, verrückt oder riesengroß sie sind. Das ist doch ganz offensichtlich.
Das Buch
"Erste Hilfe" von Mariana Leky, Dumont, 192 Seiten, Taschenbuch: 12 €, eBook: 8,99 €, Hörbuch gibt’s auch, gelesen von Sandra Hüller; ET: 25.02.2004
Die Autorin
Mariana Leky studierte nach einer Buchhandelslehre Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. Sie lebt in Berlin und Köln. Bei DuMont erschienen der Erzählband "Liebesperlen" (2001), die Romane "Erste Hilfe" (2004), "Die Herrenausstatterin" (2010) sowie "Bis der Arzt kommt" (2013). 2017 veröffentlichte sie den SPIEGEL-Bestsellerroman "Was man von hier aus sehen kann", der in über zwanzig Sprachen übersetzt und fürs Kino verfilmt wurde.