Dark AcademiaWarum wir Lovestories an Eliteunis hypen
Englische Eliteuniversitäten, ehrwürdige Traditionen und eine Lovstory – das sind essenzielle Zutaten für Dark Academia. Dominik liest gern Bücher aus diesem Genre und hat sogar selber welche geschrieben. Die Literaturwissenschaftlerin Berit Glanz erklärt uns die Hintergründe zu diesem Booktok-Hype.
Dark Academia ist ein Booktok-Phänomen im Netz, das es seit etwa zehn Jahren gibt. Booktok bezeichnet die Fangemeinde bei Tiktok, die in kurzen Videos Bücher bespricht – für die Verlage wird es als Verkaufsplattform für Jugendliche immer wichtiger.
Durchgestartet ist Dark Academia im Laufe der Corona-Pandemie, erklärt die Literaturwissenschaftlerin Berit Glanz. Sie sagt, es geht dabei um die Ästhetik von Eliteinternaten an der Ostküste der USA oder in England: "Wir haben Backsteingebäude, wir haben Leute in so 20er-Jahre-mäßig anmutenden Klamotten. [...] Und die tragen dann alte Bücher unterm Arm und sitzen in Bibliotheken und studieren die ganze Zeit."
"Diese cozy Ästhetik von diesen Schulen, die ist in den sozialen Medien total eingeschlagen."
In den sozialen Medien haben viele Menschen damit angefangen, diesen Stil zu kopieren: Sie erstellen Moodboards, ziehen sich so an oder fotografieren ihren Schreibtisch. "Dazu gibt es eine ganze Reihe von solchen Welten in Büchern, Filmen und Serien, die alle mit dieser Ästhetik spielen", sagt Berit Glanz. Sie hält Vorträge über dieses Phänomen.
"Ich finde es spannend, warum Leute sich in solche Internatswelten mit reichen Leuten reinimaginieren."
Berit Glanz glaubt, dass der Hype einerseits entstanden ist, weil Menschen Sehnsucht nach alten Ideen von Bildung haben. Andererseite gehe es um eine Art Geheimwissen und es erschließe sich eine neue Welt.
Reich, schön und mächtig: Sehnsucht nach unbekannter Welt
Dazu kämen Zauberkraft- und Fantasyaspekte sowie der Einblick in eine Welt von superreichen Leuten: "Das ist so ein bisschen, wie wenn man sich früher eine Geschichte aus Buckingham Palace oder so durchgelesen hat. Und jetzt stellt man sich Billionäre in einem Eliteinternat vor." Die Rede ist von Bestsellern wie "Dark Elite" oder "Dunbridge Academy".
"Da sind es oft dann richtig, richtig sexy Leute, die halt dann auch noch reich sind, total viel Macht haben und gleichzeitig irgendwie so keinen richtigen moralischen Kompass."
Das "Dark" in Dark Academia bezieht sich dann meist darauf, dass dunkle Geheimnisse innerhalb der Eliteuni entdeckt werden – entweder in der Institution oder bei Klassenkameraden.
Dominik Gaida ist großer Fan von Dark Academia und hat selbst Romane dieses Genres geschrieben. Er sei damit infiziert worden, bevor er den Begriff Dark Academia überhaupt kannte, sagt er. Bei ihm fing es als Teenager an mit dem Roman "Die Geheime Geschichte" von Donna Tartt. Für das Lebensgefühl, das in diesen Geschichten vermittelt wird, empfinde er eine Faszination, sagt er: "Diese Liebe zur Literatur, die Liebe zum Lernen. Das ist etwas, was mich total gepackt hat." Dazu kommen die mysteriösen Ereignisse, die dort häufig passieren.
Queerness und Dark Academia
Dominik setzt sich schon länger dafür ein, Sichtbarkeit für queere Stimmen zu schaffen. Als er angefangen hat zu schreiben, hat er sich überlegt, wie er beides miteinander verbinden kann. So ist die Idee zu seiner eigenen Bücherreihe "Die Brynmor University" entstanden, in der queere Figuren im Mittelpunkt der Geschichte stehen. Denn für Dominik ist es ganz häufig so, dass Dark-Academia-Bücher ein sehr heteronormatives Umfeld widerspiegeln.
"Ich fand es total spannend, in dieses klassische Setting einen möglichst diversen Cast reinzuwerfen."
Inspiration für seine Geschichten holt sich Dominik viel aus den sozialen Medien – darunter Bilder und Reels, die er bei Tiktok gesehen hat. Er war aber auch selbst schon mal in England – in Oxford, Cambridge und auch in Cornwall, Schauplatz seiner Romane: "Ich bin durch die Colleges gelaufen und hab da viel von der Atmosphäre und den Orten aufgesogen." Seine Eindrücke hat er dann versucht, in den Romanen wiederzugeben.
Romantische Vorstellung von englischen Eliteunis
Auch wenn Dominik der Meinung ist, es gibt eine große Romantisierung in Bezug auf Eliteunis in England: "Da hast du diese Vorstellung von Lernen im Kerzenlicht in alten Bibliotheken. Einfach was Entspannendes. Was glaube ich mit der Realität oftmals nicht viel zu tun hat – auch heute nicht, wenn du in England studierst. Aber ich glaube, das ist einfach, was viele Menschen einfach damit verbinden."
Hype um Serie "Maxton Hall"
Auch die deutsche Serie "Maxton Hall"greift die Dark-Academia-Ästhetik auf. Die Serie ist weltweit erfolgreich. Grundlage für die Geschichte ist die Buchreihe "Save Me". Kurzbeschreibung: Eine strebsame junge Frau aus finanziell schwachen Verhältnissen schafft es mit einem Stipendium auf eine Eliteschule. Sie trifft dort auf einen oberflächlichen Typen aus einer Old-Money-Familie. Zwei Welten prallen aufeinander und das Drama beginnt.
Berit Glanz spricht bei dieser Storyline von einem Aschenputtel-Narrativ, das in vielen Dark-Academia-Geschichten verwendet wird: "Da gibt's dann eine Person, die ist so ein bisschen Außenseiter, weil sie halt ökonomisch nicht mithalten kann. Die kommt dann an diese Eliteinstitution. Und dann am Ende liegen ihr irgendwie alle zu Füßen."
"Früher wär's der Königshof gewesen – der Prinz, der sich verliebt. Und 2024 ist es dann eben nicht mehr der Prinz, sondern es ist dann halt der superreiche Billionärssohn am Eliteinternat."
Parallel zum Hype um Dark Academia gibt es aber durchaus auch kritische Stimmen. Sie bemängeln beispielsweise, dass in diese Eliteinstitutionen keineswegs nur reiche weiße Leute gehen. Berit Glanz spricht von antidemokratischen Idealen, die dort veranschaulicht würden.
Kritik: Dark-Academia-Storys zu unausgewogen
Sie findet es deshalb gut, dass es auch Romane aus dem Genre gibt, die sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzen. Als Beispiel nennt sie den Roman "Babel" von R.F. Kuang: "Da muss man schon sagen, dass ist nicht Dark Academia, wo man irgendwie unkritisch weiße Eliteinternate abfeiert". Bei "Maxton Hall" dagegen werde die Problematik gar nicht hinterfragt.