Kritik an GesetzesverschärfungCyber-Stalking: Warum es mehr braucht als harte Strafen
Belästigung per Handy, retuschierte, meistens bloßstellende Bilder, die im Netz kursieren – Cyber-Stalking sei "Psychoterror". So beschreibt es Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. Um Betroffene künftig besser zu schützen, hat sie eine Verschärfung des bisherigen Gesetzes auf den Weg gebracht. Bis zu fünf Jahre Haft müssten dann die Täter rechnen. Warum eine solche Gesetzesverschärfung allein nicht ausreicht, um Opfer zu schützen, erklärt Wolf Ortiz-Müller von der Beratungsstelle Stop Stalking.
"Schrecklicher Psychoterror", so beschreibt Bundesjustizministerin Christine Lambrecht von der SPD Stalking. Mit dem neuen Gesetzentwurf, der vom Bundeskabinett beschlossen und noch im Bundestag beraten wird, sollen "mehr Stalkingfälle vor Gericht kommen und die Täter konsequent zur Verantwortung gezogen werden", so die Ministerin in einer Pressemitteilung. In dem Gesetz wird erstmals neben dem Stalking explizit auf Cyber-Stalking Bezug genommen.
Tatsächlich habe Cyber-Stalking in den letzten Jahren zugenommen, bestätigt Wolf Ortiz-Müller von der Bundesberatungsstelle Stop Stalking. Das liege vor allem an den neuen technologischen Möglichkeiten. Dazu zähle die Möglichkeit, Opfer über Spy-Apps auszuspionieren oder Apps zum Retuschieren von Bildern zu verwenden. Klassisches Beispiel: Das Gesicht des Opfers wird auf intimes Bildmaterial montiert und gepostet, um die betroffene Person bloßzustellen.
Neue Rechtsbegriffe sollen härtere Strafen ermöglichen
Die Verschärfung des Gesetzes vollzieht sich vor allem dadurch, dass Begriffe ausgetauscht werden wie: "wiederholtes Stalking" anstelle von "beharrlichem Stalking". Zusätzlich soll die Formulierung "schwerwiegend“ durch "nicht unerheblich" ersetzt werden. Für besonders schwere Fälle soll künftig eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren möglich sein.
Wolf Ortiz-Müller befürwortet, die Strafen für Täter und Täterinnen zu verschärfen. Allerdings sei bei den neuen Formulierungen fraglich, worin die genauen Unterschiede bestehen. "Ab wann passiert etwas wiederholt, beim zweiten oder beim 54. Mal?" Letztendlich werde die Abwägung wie bisher auch bei einzelnen Richtern und Staatsanwälten liegen.
Strafen - nicht genug für den Opferschutz
Nach Meinung von Wolf Ortiz-Müller reiche es aber nicht, ein Gesetz zu verschärfen. Effektiver sei es, die Beschuldigten schneller in sogenannte
Täterprogramme zu vermitteln.
"Die Logik der Politiker und der Gesetzgebung ist immer noch zu verschärfen. Das greift in meinen Augen viel zu kurz."
Oft würde es Monate dauern, bis nach den Ermittlungen ein Strafgerichtsprozess angesetzt werde.
Wer Stalking bekämpfen will, müsse es zunächst verstehen, so der Ansatz des Psychologen. "Stalking geschieht aus einem emotionalen Ausnahmezustand heraus", erklärt er. "Wer stalkt, fühlt sich unglaublich gekränkt oder zurückgewiesen." Er oder sie habe immer noch die Erwartung, dass die andere Person sich dem Täter oder der Täterin noch einmal zuwende. Genau hier müsse man ansetzen, um Opfer vor weiteren Vorfällen zu schützen.
"Bei Verurteilungen geht es meistens nicht nur um Stalking, es kommen Delikte wie Freiheitsberaubung oder Nötigung dazu."
Unabhängig von der therapeutischen Arbeit mit den Tätern und Täterinnen sei eine Strafbarkeit vor Gericht natürlich wichtig, so Wolf Ortiz-Müller. Er weist aber auch darauf hin, dass die Freiheitsstrafen bereits jetzt schon hoch ausfielen. Das liege daran, dass neben Stalking oft andere Vergehen wie Drohungen, Nötigung oder Körperverletzung hinzukommen.
Vor Gericht seien das die Delikte, weswegen Täter zur Freiheitsstrafen verurteilt werden und nicht allein wegen Stalking.