Hass gegen LGBTQIA+CSD in Bautzen – Feindbild der Rechtsextremen: Queeres Leben
Es wird gefeiert und demonstriert für die Rechte der LGBTQIA+ Community, aber unter Polizeischutz. Jonas hat den CSD im sächsischen Bautzen organisiert und 1.000 Menschen sind dabei. Aber auch knapp 700 Gegendemonstranten, darunter viele Rechtsextreme. Warum haben es Neonazis auf queere Menschen abgesehen?
Hunderte Rechtsextreme haben am Wochenende gegen den zweiten CSD in Bautzen demonstriert. Die Polizei schützte die Teilnehmenden, damit der bunte Zug friedlich durch die Straßen ziehen konnte. Trotzdem war es zum Teil ein mulmiges Gefühl, erzählt Jonas. Er ist 24 Jahre alt, aktiv für die Grünen im Stadtrat von Bautzen und hat den CSD dort mit organisiert.
Mehr als doppelt so viele Menschen wie Jonas erwartet hatte, waren in diesem Jahr für die Rechte der LGBTQIA+ Community in Bautzen auf der Straße, haben gefeiert und ein Zeichen gesetzt.
"Als wir fünf Minuten nach Start an der ersten Gegendemonstration vorbeigelaufen sind und die Leute anfingen irgendetwas zu brüllen, das war mulmig."
Schon im Vorfeld des CSD war bekannt geworden, dass es eine große Gegendemonstration aus dem rechten politischen Lager geben sollte. 700 zum Teil rechtsextreme Teilnehmende waren auf der Demonstration gegen queeres Leben. Trotz Polizeischutz empfand Jonas den Abstand der beiden Demos manchmal viel zu gering und die Polizistenanzahl ebenfalls zu wenig und hatte zum Teil Angst.
Besonders in den Rückfahrten der Teilnehmenden sahen die Veranstaltenden vom CSD ein Gefahrenpotenzial, was sich teilweise bestätigte. Auf dem Bahnsteig in Bautzen wurden von Rechtsextremen Regenbogenflaggen angezündet. Es kam jedoch nicht zu Auseinandersetzungen.
Wer sind die rechtsradikalen Demonstrierenden?
Karolin Schwarz beschäftigt sich beruflich seit Jahren mit Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus und arbeite auch als Journalistin und Autorin in diesem Bereich, sie weiß wer bei solchen Gegendemos mitmacht. Sie sagt, es handelt sich zum Beispiel um Gruppen, die vor Ort schon lange aktiv sind. Das sind die freien Sachsen aber auch örtliche Neonazi-Gruppen.
Außerdem haben vor dem CSD viele Kleinstparteien ihre Anhänger*innen mobilisiert, nach Bautzen zur Gegendemonstration zu kommen. Zusätzlich dazu nennt Karolin Schwarz auch noch Kampfsport Hooligans im neonazistischen Umfeld, die zum Demonstrieren aufgerufen haben.
"Wer auch ehr stark im Vorfeld mobilisiert hat, sind Jugendorganisationen von rechtsextremen neonazistischen Kleinstparteien."
Rechtsradikale Menschen, die sich in Ostdeutschland lautstark zusammenfinden, das erinnert Karolin Schwarz an die Baseballschläger-Jahre der 1990er. Sie sagt, die Mitglieder der Rechtsradikalen Szene, die damals besonders Migranten in Deutschland als Ziel hatten, sind nun in dem Alter indem ihre eigenen erwachsenen Kinder demonstrieren können. Diese nächste Generation der rechtsradikalen Szene sehen wir aktuell auch in Bautzen, erklärt Karolin Schwarz.
Das Motiv der Rechtsradikalen ist für die Expertin, dass die Szene in queerem Leben einen Verfall der westlichen Gesellschaften und der traditionellen Geschlechterrollen sieht.
Toleranz fördern und Rechtsextremismus keine Chance geben
Jonas kann sich nicht vorstellen aus Bautzen wegzuziehen, auch wenn er immer wieder Anfeindungen ausgesetzt ist. 2021 hat er zusammen mit anderen das queere Netzwerk in Bautzen gegründet, was ein kleiner Safe-Space vor allem für junge Menschen der LGBTQIA+ Community sein soll.
Karolin Schwarz findet, es braucht für Veränderung zum einen Solidarität und Rückhalt der Zivilgesellschaft für die LGBTQIA+ Community. Nach solchen viralen Videos, wie das der Rechtsradikalen Szene von der Gegendemonstration in Bautzen benötigt es aber auch klare Signale aus der Politik, wo bisher viel geschwiegen wurde, sagt sie. Für Karolin Schwarz beinhaltet politisches Handeln aber auch Jugendlichen in ländlichen Gebieten attraktive Gegenangebote zu machen und nicht Rechtsextremisten das Feld zu überlassen.