Gig-EconomyCrowdworking: Für Beschäftigte fehlt der soziale Schutz
Crowdworking ist für viele Menschen ein Nebenjob. Das Problem: Sie zählen oft zu den Soloselbstständigen und müssen selbst schauen, wie sie sich im Fall von Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder im Alter absichern. Die Politik will nachbessern.
Texten, Software testen oder Bilder kategorisieren: Im Netz gibt es etliche Angebote, um sich neben dem Studium oder der Festanstellung zusätzlich Geld zu verdienen. Auch für Angestellte, die wegen der Corona-Pandemie in Kurzarbeit sind, ist Crowdworking gerade ein Weg, kurzfristig an mehr Geld zu kommen.
Das Bundesarbeitsministerium schätzt, dass 2,7 Millionen Menschen regelmäßig als sogenannte Crowdworker und Gig-Arbeiterinnen beschäftigt sind.
Nebenbei soloselbstständig sein
Crowdworking oder auch Gig-Economy heißt: Sie registrieren sich auf einer Online-Plattform wie Amazon Mechanical Turk, Clickworker.com, Crowd Guru, Helpling oder Test IO und übernehmen dann kleine Aufgaben, die sie nebenbei erledigen können. Crowdworking gibt es als reine Onlinearbeit wie das Testen von Software. Möglich ist aber auch sogenannte Onsite-Arbeit, bei der Gig-Arbeiter Putzen, Essen ausliefern oder Kindern betreuen.
Arbeitnehmerschutz fällt weg
Der Großteil der Crowdworkerinnen und Crowdworker ist jung und gut ausgebildet. Mehr als die Hälfte von ihnen ist unter 35 Jahre alt. Das Problem: Crowdworking ist oft eine selbstständige Tätigkeit. Die Gig-Arbeiterinnen müssen also selbst dafür sorgen, dass sie im Fall von Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder im Alter abgesichert sind. Für sie fallen auch andere Arbeitnehmerrechte wie Kündigungsschutz oder Mindestlohn weg.
Auf lange Sicht kann das für eine Schieflage im Sozialversicherungssystem sorgen, sagt Andrea Herrmann von der Universität Utrecht. Sie forscht zur Gig-Economy und beobachtet, dass die Crowdarbeit gerade stark ansteigt. Das könnte dann ein Problem werden, wenn der Großteil von ihnen einmal ausschließlich von der Gig-Arbeit leben würde. Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit zum Beispiel würden sie letztendlich von einem System finanziell unterstützt, in das sie selbst nicht eingezahlt haben, erklärt sie.
Mehr arbeitnehmerähnliche Rechte und Pflichten nötig
In der Politik gibt es deshalb Pläne, soloselbstständige Gig-Arbeiter besser zu schützen, so Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Sein Ministerium möchte Crowdworkerinnen zum Beispiel in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Auch Mindestkündigungsfristen könnte es dann für sie geben. Ähnliche Anpassungen soll es auch bei der Unfallversicherung geben.
"Ich finde, Plattformökonomie ist eine tolle Sache. Aber auch da müssen wir ein bisschen darauf gucken, dass zumindest bestehende Rechte nicht unter die Räder kommen und dass wir auch einen vernünftigen, fairen Ordnungsrahmen schaffen."
Von den Gewerkschaften heißt es, sie befürworten die Pläne aus dem Arbeitsministerium. Kritik kommt unter anderem von der FDP. Laut der Partei seien die meisten Crowdworker und Crowdworkerinnen mit ihrem Status als Selbstständige sehr zufrieden.
EU-Kommission: neue Regeln für Gig-Economy
Auch die EU-Kommission hat die Gig-Economy im Blick. Sie hat bessere Arbeitsbedingungen für Crowdworkerinnen angekündigt und ist dazu gerade mit Gewerkschaften und Vertretern von Arbeitgebern im Gespräch. Es ist aber noch unklar, ob es schon bald neue Regeln für die Gig-Economy geben wird. Dann wäre entscheidend, dass die Regeln in der ganzen EU gültig sind, damit die Crowdworker Onlinejobs unabhängig vom Wohnort annehmen können.