#CottagecoreSo romantisieren wir das Landleben
Jana ist als kleines Kind aufs Dorf gezogen und will da nie wieder weg. Katharina hingegen kommt vom Dorf, lebt inzwischen aber in der Großstadt und ist sich sicher: Aufs Land geht sie bestimmt nicht zurück.
#Cottagecore: Wer auf der Suche nach Idylle, Bildern von frischgebackenen Broten, wunderschönen Gärten und sowohl stylisch als auch gemütlich eingerichteten Häusern ist, dürfte auf Tiktok unter diesem Hashtag fündig und glücklich werden.
Auch Jana könnte da sicherlich mitposten. Sie könnte morgens ihren Blick aus dem Schlafzimmer in die Natur fotografieren oder Bilder vom Fachwerkhaus ihrer Schwiegereltern posten, das sie und ihr Mann in der Zukunft übernehmen werden.
Entweder man liebt das Landleben oder man will von dort weg
Hashtag hin oder her: Jana könnte sich kein schöneres Leben vorstellen als das auf dem Land. Sie findet es toll, dass die Menschen sich auf der Straße grüßen und man abends bei einem Bier oder Aperol zusammensitzt oder gemeinsam in der Scheune abfeiert. Was sie beschreibt, lässt sich möglicherweise mit dem Wort "Vertrautheit" zusammenfassen. Vielleicht stört es sie deswegen auch nicht, dass quasi alle alles (oder zumindest ziemlich viel) über einen wissen. Für sie ist das eher ein Weg, Interesse an anderen zu zeigen.
"Mich hat es noch nie gejuckt, dass Oma Gisela wusste, was ich gestern gemacht habe. So etwas ist ja von den Dorfbewohnern nie böse gemeint."
Leben auf dem Land oder in der Kleinstadt, wie es bei Jana inzwischen der Fall ist, bringt aber natürlich auch Nachteile mit sich, erzählt sie. Außer Supermärkten gibt es keine Läden in unmittelbarer Nähe. Shoppen, Kino oder Essengehen müsse man einplanen, spontan mache man das eher nicht. Das hat Jana vor allem als Jugendliche genervt. Und auch wenn sie heute selbst Autofahren kann, genießt sie es zwischenzeitlich doch, in der Großstadt Urlaub zu machen und zu jeder Tages- oder Nachtzeit in Bus und Bahn steigen zu können.
Landleben bedeutet auch, dass der Bus nur zwei Mal am Tag fährt
Essen gehen, wann man will. Das Kino so gut wie vor der Haustür haben. Nicht auf ein Auto oder jemanden, der einen fährt, angewiesen sein. All das sind Dinge, die Katharina nie wieder hergeben will.
Sie lebt seit knapp zehn Jahren in der Stadt, aufgewachsen ist sie auf dem Dorf. Als Kind fand sie es dort auch toll: über die Felder laufen, draußen mit anderen Kindern spielen, ohne den Eltern Bescheid zu sagen, wo man sich gerade herumtreibt.
"Meine Kindheit entsprach schon sehr den Bullerbü-Vorstellungen, die man so hat."
Doch als dann die Schulzeit begann, bekam Katharina zu spüren, dass es auch Nachteile hat, so weit weg von allem zu wohnen. Ihr Wecker klingelte um halb sechs Uhr morgens. Den einzigen Bus zur Schule zu verpassen, war keine Option. Abends rannte sie nach dem Training schnell zur Haltestelle, um den letzten Bus zurück zu bekommen. Mit 18 nach dem Abi war ihr klar: Ich ziehe in die Stadt.
"Ich fand das Leben auf dem Land schlichtweg schrecklich langweilig."
Junge Familien zieht es raus aus der Großstadt
Katharinas Eltern waren übrigens vor rund 25 Jahren aufs Land gezogen, weil das Leben für die neu gegründete Familie in der Stadt zu anstrengend wurde. Heutzutage ziehen immer mehr Menschen von der Großstadt aufs Land oder in die Kleinstadt, wie aus den Zahlen des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hervorgeht. Die Mieten sind hier noch erschwinglich. Homeoffice-Möglichkeiten machen es nicht mehr zwingend, in der Nähe des Arbeitgebers zu wohnen. Die meisten, die den Schritt gehen, sind um die dreißig.
Auch Katharina hat von dieser Entwicklung gehört. Bis jetzt kann sie sich (noch) nicht vorstellen, dass diese Option auch für sie in Frage kommen könnte. Aber vielleicht, sagt sie scherzhaft, wird in der Nacht zum dreißigsten Geburtstag in ihr ein Schalter umgelegt und sie will zurück aufs Land. Zum Glück hat sie bis dahin noch zwei Jahre Zeit...