ForschungWas es über das neue Corona-Medikament Paxlovid zu wissen gibt
Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, könnte bald das neue Medikament Paxlovid helfen: Die Tablette soll Covid-19-Erkrankte vor einem schweren Verlauf schützen – eine Zulassung hat Paxlovid aber noch nicht.
Um gegen die Coronavirus-Pandemie vorzugehen, haben Forschende weltweit in den vergangenen zwei Jahren daran gearbeitet, effektive Impfstoffe und auch Medikamente zu finden. Jetzt hat der US-Pharmakonzern Pfizer angekündigt, dass dies gelungen sei: ein Medikament speziell zur Behandlung bei einer Erkrankung durch das Virus Sars-CoV-2.
Risiko über 80 Prozent geringer
Das Medikament mit dem Namen Paxlovid soll laut Angaben des Herstellers das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, bei Infizierten um 89 Prozent senken – wenn sie das Medikament innerhalb von drei Tagen einnehmen, nachdem sich die ersten Symptome zeigen. Bei einer Einnahme fünf Tage nach Symptombeginn seien es 85 Prozent, so Pfizer.
Noch keine Zulassung für Paxlovid
Bislang ist das Medikament noch von keiner Zulassungsbehörde geprüft worden. Bei den veröffentlichten Daten handelt es sich um Zwischenergebnisse einer klinischen Studie: Knapp 2000 mit dem Coronavirus infizierte Menschen haben teilgenommen. Die Teilnehmenden hatten zudem ein hohes Risiko, mit ihrer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt zu werden, weil sie älter waren oder eine Vorerkrankung hatten.
Von diesen fast 2000 Probanden bekam eine Hälfte das Medikament und die andere ein Placebo. Laut dem Hersteller ist bei der Gruppe, die das Medikament bekam, neben dem geringeren Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs, kein Proband an Covid-19 verstorben. In der Placebogruppe gab es hingegen 17 Tote.
Erstes Medikament seiner Art
Damit ist Paxlovid das erste Medikament seiner Art. Die Medikamente, die Covid-19-Patient*innen bislang bekommen, wie Remdesivir, wurden ursprünglich für einen anderen Zweck entwickelt.
Paxlovid gibt es in Tablettenform. Der Vorteil: Hausärzt*innen können Erkrankte damit behandeln, was wiederum die Krankenhäuser entlastet. Der Wirkstoff in der Tablette ist ein sogenannter Proteasehemmer. Durch ihn kann ein bestimmtes Enzym nicht arbeiten und das Coronavirus kann sich nicht mehr vermehren, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Matthias Wurms.
Nebenwirkungen "mit geringer Intensität"
Laut Pfizer sei es bisher nur zu Nebenwirkungen mit einer geringen Intensität gekommen. Was zu diesem Zeitpunkt noch fehlt, sind unabhängige wissenschaftliche Gutachten und eine Prüfung der Daten durch die entsprechenden Zulassungsbehörden.
In den USA hatte Pfizer schon im Oktober einen Antrag auf Notfallzulassung für Paxlovid bei der dortigen Arzneimittelbehörde FDA eingereicht. Die Zwischenergebnisse aus der klinischen Studie sollen jetzt nachgereicht werden. Die klinische Studie hat Pfizer inzwischen wegen der guten Ergebnisse beendet. Der US-Pharmakonzern plant nun, die Produktion des Medikaments zu erhöhen.
"Dieses Ergebnis war so gut, dass Pfizer die Studie abgebrochen hat, weil es ethisch nicht vertretbar wäre, weiterhin ein Placebo zu geben, wenn es ein offenbar wirksames Medikament gibt."
Auch andere Staaten haben Interesse an Paxlovid. Die israelische Regierung hat schon angekündigt, sie wolle das Medikament kaufen. Die geschäftsführende Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hatte die Meldung von Pfizer gegenüber der Nachrichtenagentur DPA als "gute Nachricht für uns alle" bezeichnet.
Bereits in der Zulassung: Molnupiravir
Mit den Zwischenergebnissen aus der klinischen Studie ist das Medikament von Pfizer offenbar um einiges wirksamer als das Medikament Molnupiravir. Die Tablette von den Pharmaunternehmen Merck Sharp und Dohme als auch Ridgeback Biotherapeutics wurde ursprünglich gegen Influenza-Viren entwickelt und soll das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, um die Hälfte reduzieren.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte Ende Oktober angekündigt, sie prüfe den Einsatz von Molnupiravir. Auch in den USA läuft bei der Arzneimittelbehörde FDA ein Zulassungsverfahren für Molnupiravir. Beide Zulassungsverfahren sollen voraussichtlich noch dieses Jahr abgeschlossen werden. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA hat die Anti-Covid-Pille Anfang November zugelassen.
Anders als das Medikament von Pfizer sorgt Molnupiravir dafür, dass es bei der Vermehrung des Virus zu Kopierfehlern im Erbgut kommt – bis das Erbgut des Virus nicht mehr zu gebrauchen ist.
Bis auch Paxlovid in die EU kommt, dürfte es noch dauern. Bisher hat der Hersteller noch keine Notfallzulassung bei der EMA beantragt. Neben Molnupiravir prüft die EMA aktuell sieben weitere mögliche Corona-Mittel.
"Selbst wenn es kommt und wirklich so gut wirkt: Am allerbesten ist es, sich nicht zu infizieren oder wenn, dann wenigstens geimpft zu sein. Denn dann braucht man normalerweise gar keine Medikamente nach einer Infektion."