Corona-PandemieTesten, testen, testen? Über die richtige Strategie
Zu Beginn der Corona-Krise hieß es: Wir müssen möglichst viele Menschen auf das neuartige Virus testen. Aber ist viel testen auch richtig? So wie es Bayern machen will. Oder eher weniger und dafür gezielter? Mehr Tests bedeuteten auch, dass es häufiger falschen Alarm geben wird, so der Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth. Denn auch die besten Verfahren sind fehlerhaft.
Weiterhin gilt: Zeigt jemand Symptome, sollte er oder sie sich unbedingt testen lassen. "Da sind sich alle einig", sagt Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth. Ein Test nützt der Person selbst, die dann rasch behandelt werden kann. Es nützt aber auch der Allgemeinheit, weil Kontaktpersonen in Quarantäne kommen und die Ausbreitung des Virus möglichst unterbrochen werden kann.
Möglichst schnelle Tests will auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. "In Bayern soll jemand mit Symptomen innerhalb von 24 Stunden ein Testergebnis bekommen", sagt Volkart Wildermuth.
Testen auch ohne Symptome?
Sollen aber auch Personen getestet werden, die sich gut fühlen? Die keine Symptome zeigen? "Auch da kann ein Test individuell sinnvoll sein", sagt Volkart Wildermuth. Zum Beispiel, wenn man am Reiseziel nicht in Quarantäne möchte und man sich vorab am Frankfurter Flughafen testen lässt. Über das dortige Testzentrum haben wir im Update berichtet. Aber einfach testen - ganz ohne Anlass? Der Wissenschaftsjournalist findet das nicht wirklich sinnvoll. Ein negatives Testergebnis vermittelt Sicherheit, die es nicht gibt. Man kann sich auch nach dem Test jederzeit anstecken.
"Einfach so einen Corona-Test machen, um Bescheid zu wissen, das ist nicht so richtig sinnvoll. Das ist nur eine Momentaufnahme."
Die Befürchtung, dass Menschen zu sorglos werden nach Tests, hatte Gesundheitsminister Jens Spahn auf Twitter geteilt.
Der Minister hatte auch davor gewarnt, dass eine hohe Zahl an Tests zu mehr falschen Ergebnissen führen könnte. Für Volkart Wildermuth ist das Argument nachvollziehbar. Jeder Test – auch gute – liefere gelegentlich falsche Ergebnisse. Diese Fälle wiegen umso schwerer, je seltener eine Krankheit ist. "Und Covid-19 ist in Deutschland sehr selten. Das ist ja der Lohn aller unserer Anstrengungen", sagt der Wissenschaftsjournalist. Mitte Juni war nur gut ein Prozent der Corona-Tests positiv – und das waren recht gezielte Tests.
"Dieser PCR-Test auf SARS-CoV-2 ist wirklich gut. Aber jeder Test liefert ganz gelegentlich falsche Ergebnisse. Das ist unvermeidlich. Diese Fälle fallen um so schwerer ins Gewicht, je seltener eine Krankheit ist."
Wenn man jetzt anfängt, ohne jeden Verdacht zu testen, dann werde es automatisch häufiger falschen Alarm geben, so Volkert Wildermuth. Das heißt, Personen werden positiv getestet, sind aber nicht infiziert. Das beunruhigt die Betroffenen. "Und es bindet Ressourcen bei den Gesundheitsämtern, die dann mögliche Kontakte nachverfolgen müssen" - obwohl es gar keinen Grund gibt.
Testen nach Anlass
Der Wissenschaftsjournalist hält es deshalb für angebracht, auf Anlass zu testen. Das ist auch die aktuelle Teststrategie des Robert Koch Institutes. Das heißt:
- Testen bei Symptomen.
- Testen der Kontakte.
- Testen dort, wo es zu Häufungen von Infektionen gekommen ist.
Das bedeutet zum Beispiel, das häufiger in der fleischverarbeitenden Industrie getestet werden sollte. Wenn Corona-Hotspots, egal wo, auftauchen, sollte breiter getestet werden. Auch in Gesundheitseinrichtungen oder in Alters- und Pflegeheimen können breite Tests wichtig sein. "Da geht es darum, die besonders gefährdeten Personen zu schützen." Doch eine Testung ohne jeden Verdacht, wird nur selten zusätzliche Fälle aufdecken.
Es gibt noch Testkapazitäten, aber nicht unbegrenzt
Das Robert-Koch-Institut hat bei seiner letzten Umfrage unter den Testlaboren eine Kapazität von über einer Million Tests pro Woche gemeldet bekommen, so Volkart Wildermuth. "Aktuell durchgeführt werden so 30 bis 40 Prozent davon." Das heißt, es gibt noch Kapazitäten; es kann mehr getestet werden. Zugleich kann nicht unbegrenzt getestet werden. Bayern zum Beispiel hat 13 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. "Wenn die alle gestestet würden, wären die Kapazitäten erschöpft".