Verbot von Corona-DemosRechtsanwalt: "Demonstrationen sind wichtig für unsere Demokratie"
Die Berliner Behörden haben eine für den 29. August 2020 geplante Demonstration von Kritikern der Corona-Auflagen verboten. Mehr als 20.000 Menschen wollten schätzungsweise an der Demo in Berlin teilnehmen. Rechtsanwalt Udo Vetter hält das Verbot für ungültig. Eine Demokratie müsse Demos zulassen.
Es sei keine Entscheidung gegen das Versammlungsrecht, sondern eine Entscheidung für den Infektionsschutz, so erklärte Berlins Innensenator Andreas Geisel das Verbot.
Eine ähnliche Demo am 1. August 2020 in Berlin habe gezeigt, dass viele der Teilnehmenden das Einhalten der Corona-Maßnahmen, wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und Abstandhalten, bewusst ignoriert hätten. Damit sich das nicht wiederholt, haben die Berliner Behörden das Verbot für mehrere am Samstag (29.08.20) geplante Demos ausgesprochen.
Anmelder der Großdemonstration ist die Initiative "Querdenken 711", die auch schon die Demo Anfang des Monats initiiert hat.
"Für ein Versammlungsverbot braucht man in Deutschland sehr viel. Denn das Versammlungsrecht ist konstitutiv für die Demokratie."
Rechtsanwalt Udo Vetter bezweifelt allerdings die rechtliche Standfestigkeit des Verbots. Er vermutet, spätestens das Bundesverfassungsgericht wird das Verbot der Berliner Behörden wieder aufheben und sie stattdessen dazu auffordern, die Demonstration unter bestimmten Auflagen stattfinden zu lassen.
Demonstrationen als gelebte Demokratie
Der Rechtsanwalt betont: "Demonstrationen sind wichtig für unsere Demokratie." Deshalb sei das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sehr hoch gehängt. Das zeige sich auch darin, dass es für Demonstrationen zwar eine Anmeldung, aber keine Genehmigung brauche.
Vermutung ist nicht ausreichend
Udo Vetter hält die Begründung der Berliner Versammlungsbehörde für schwach. Er begründet es damit, dass das Verbot auf einer Vermutung beruhe – nämlich dass sich die Teilnehmenden nicht an die Corona-Regeln halten. "Man kann nicht etwas verbieten, wenn man gar nicht weiß, ob es vielleicht nicht doch anderweitig klappt ", so Udo Vetter. Die Demo könne zum Beispiel mit Kontrollen der Abstandsvorschriften und Maskenpflicht stattfinden, ähnlich wie viele andere Kundgebungen, die es während der Corona-Pandemie schon gegeben hat, so seine Meinung.
"Die Gerichte sagen: Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist so wichtig, dass man auch Risiken in Kauf nehmen muss."
Das Demo-Verbot kam für Udo Vetter, wie auch viele andere Juristinnen und Juristen überraschend. "Dieses abstrakte Risiko, dass der eine oder andere oder vielleicht auch Hunderte keine Maske tragen, ist zwar unerfreulich für die Menschen, für die Infektionsschutz wichtig ist, aber auch das reicht tatsächlich nicht für das Verbot einer Demo aus", erklärt der Rechtsanwalt.
Meinungsfreiheit aller
Und zu einer Demokratie gehöre es nun mal, die Meinungsfreiheit aller zu gewährleisten. "Die Demokratie beweist sich immer daran, wie sie mit abweichenden Meinungen umgeht", sagt er. Deshalb müssten auch vermeintlich unbequeme Meinungen gehört werden, wie eben auf Demonstrationen.
"Meines Erachtens darf man die vielleicht etwas abstruse und auch seltsame Meinung dieser wild zusammengewürfelten Gruppe nicht zum Maßstab dessen nehmen, was man auf der Straße an Demonstranten sehen will."