Comfort FoodWenn uns Essen ein Gefühl von Heimat gibt
Vicky liebt russisches Essen – es verbindet sie emotional mit ihrer Familie und ihren russischen Wurzeln. Auch Jasmin bedeutet es viel, wenn ihre Eltern tamilisch für sie kochen – das macht deren Liebe und Fürsorge für die Tochter spürbar.
Schuba ist Vickys Lieblingsessen. Es erinnert sie an ihre Kindheit in Russland. Als Vicky elf Jahre alt war, ist sie mit ihren Eltern nach Deutschland gezogen. Wenn hier nun Schuba auf dem Tisch steht, ist das wie eine Reise zurück. Eine schöne Reise.
"Wenn ich dieses Essen irgendwo bekomme – sei es im Restaurant, bei Freunden oder bei meiner Familie – fühle ich mich ein bisschen wieder wie in der Kindheit, wie zu Hause, in der Heimat."
Das Rezept kennt Vicky auswendig. Schuba ist ein Schichtsalat, in den unter anderem Hering, Kartoffeln, Eier, Rote Bete und Mayonnaise reinkommen. Von dieser Kombi schwärmt Vicky in den höchsten Tönen.
"Teil deiner Kultur und Identität"
In ihrer Jugend nahm Vicky die russischen Gerichte, die ihre Mutter kochte, eher als selbstverständlich wahr, erzählt sie. Mittlerweile schätzt sie sie sehr. Und sie freut sich, wenn sie bei Freund*innen eingeladen ist und dort das Essen aus ihrer Kindheit auf dem Tisch wiederfindet. "Dann versteht man, dass das irgendwie Teil von dir ist oder Teil deiner Kultur, deiner Identität", sagt sie.
"Das tamilische Essen ist ein Stück Heimweh von meinen Eltern, was ich mit ihnen zusammen essen darf."
Jasmin geht es ähnlich. Wenn ihre Eltern tamilisch für sie kochen, fühlt sie sich mit ihnen und ihrer Herkunft verbunden. Jasmin ist in Deutschland geboren. Ihre Eltern sind damals aus Sri Lanka vor dem dortigen Bürgerkrieg geflüchtet: 1983 war in Sri Lanka ein alter Konflikt zwischen den Singhalesen und Tamilen eskaliert, der Bürgerkrieg hielt fast 30 Jahre an. Heute gibt es weltweit schätzungsweise etwa 80 Millionen Tamil*innen. Viele von ihnen sind aufgrund des Bürgerkrieges nach Kanada, Großbritannien, Frankreich oder eben, wie Jasmins Eltern, nach Deutschland geflüchtet.
Erinnerungen schmecken
Ihre Eltern haben sich hier ein neues Leben aufgebaut. Für Jasmin ist das tamilische Essen aufgrund der Fluchterfahrung ihrer Eltern etwas ganz besonderes. Denn über das Essen bringen ihre Eltern ein Stück ihre Heimat nach Deutschland. "Das Essen ist sozusagen dieser kleine Heimweh-Herzensbrecher", sagt Jasmin. Ihr Vater erzählt am Tisch oft von seinem Leben in Sri Lanka, was seine Mutter damals für ihn gekocht hat und wie sie das Essen gemeinsam am Strand gegessen haben.
Über das Essen ist Jasmin Teil der Erinnerungen ihrer Eltern. "Alleine diese Erinnerungen zu hören, bringt diese ganze Wolke von Heimweh, Heimat, der Vergangenheit meiner Eltern und ihrer Kindheit an diesen Esstisch hier in Süddeutschland", sagt sie.
"Sich nach einem harten Arbeitstag in die Küche zu stellen und dann noch mal zwei, drei Stunden zu kochen, ist der größte Liebesbeweis, den man seinen Kindern geben kann."
Im Gespräch mit Deutschlandfunk-Nova-Moderator Dominik Schottner haben Vicky und Jasmin noch mehr über ihre Lieblingsgerichte erzählt und darüber, wie sehr das Essen ihre Identität prägt. Klickt dafür oben auf den Play-Button.