Christlich-konservative Werte im TVTinky-Winky und ein schwules Erdferkel-Ratten-Ehepaar
Tinky-Winky (lila) ist angeblich schwul – deshalb wollte ein religiöser Prediger schon mal die Serie "Teletubbies" verbieten. Jetzt weigert sich der TV-Sender Alabama Public Television, eine Folge der Kinderserie "Erdferkel Arthur und seine Freunde" auszustrahlen. Darin ist nämlich eine Männerhochzeit von Erdferkel und Ratte zu sehen.
Wenn man diese Folge sende, werde damit das Vertrauen der Eltern missbraucht, sagt der Sender Alabama Public Television. Begründung: Kinder sollten die Inhalte des Senders auch ohne ihre Eltern schauen können. Das sei bei dieser Folge aber nicht möglich. Deswegen gab es für die Fans der Serie zum Staffelauftakt nur eine Wiederholung, berichtet Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Anh Tran.
"Der Sender findet: Kinder sollten - ohne ihre Eltern - keine schwulen Pärchen sehen."
Alabama - und auch Alabama Public Television - ist sehr konservativ. Gerade hat der US-Bundesstaat die strengsten Abtreibungsgesetze der USA beschlossen. Sie machen Frauen eine legale Abtreibung nahezu unmöglich – selbst nach Inzest und Vergewaltigung, berichtet Anh Tran.
Die Menschen in Alabama identifizieren sich überdurchschnittlich mit konservativen Werten. Das hat eine Umfrage aus dem Jahr 2018 ergeben. Die Werte sollen beschützt werden und dafür wird gekämpft – auch in Film und Fernsehen.
Tinky-Winky darf weiter winken
Ein weiteres prominentes Beispiel ist schon 20 Jahre her: 1999 hat ein Prediger der religiösen Rechten in den USA Tinky-Winky als schwul geoutet. Begründung: Er sei lila und habe eine dreieckige Antenne. Farbe und Symbol hat der Prediger der Schwulenbewegung zugeschrieben. Er wollte die Serie verbieten lassen – hatte damit aber keinen Erfolg. Auch die katholische Kinderbeauftragte der polnischen Regierung hatte 2010 Vorbehalte gegen Tinky-Winky. Doch ein Experte entkräftete den Verdacht.
Der Einfluss christlich-konservativer Kreise spiegelt sich auch in einer neuen Strömung der Filmindustrie wieder, sagt die Religions- und Filmwissenschaftlerin Marie-Therese Mäder von der LMU München im Gespräch mit Deutschlandfunk Nova. Sie erforscht das Verhältnis von Religion und Medien.
"Es gibt eine Tendenz im Kino, Fernsehen und auf Netflix, dass Produktionen ganz klar eine dogmatisch-christliche Weltsicht vermitteln."
Mit einer christlichen Weltsicht lasse sich Geld verdienen, so Mäder. 20th Century Fox hat dieses Jahr zum Beispiel den Film "Breakthrough" veröffentlicht. Darin erwacht ein Junge aus dem Koma und wird wieder vollkommen gesund, nachdem seine Mutter für ihn gebetet hat. Ein Wunder. Am Ende glauben alle an Gott. Auch die Atheisten. Das klingt natürlich ziemlich missionarisch. Erfolgreich war der Film trotzdem: 30 Millionen Dollar Gewinn spielte er an den Kinokassen ein.
Filme wie "Breakthrough - Zurück ins Leben" finden ein Publikum, weil viele von uns mit diesen christlichen Werten aufgewachsen sind, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Anh Tran. Wir können uns also erst mal grundsätzlich damit identifizieren – das sei schon mal ein guter Ansatzpunkt für die Filmemacher.
Die eigene Weltsicht bestätigen
Die Produzenten wollten gar nicht, dass sich das Publikum mit solchen Filmen kritisch auseinandersetzt, sagt Marie-Therese Mäder. Das Ziel solcher Filme sei einfach, eine bestimmte Weltsicht zu bestätigen. Mäder warnt ausdrücklich davor, Filme zu Predigten zu machen oder Kinderserien zu verbieten, weil sie einem nicht passen. Das sei das Ende jeder Kultur.
"Nur eine uniforme Meinung zu einem Thema gelten zu lassen, halte ich für das Ende jeglicher Kultur."
Denn dann gehe es schnell um eine Art Zensur, um die Ablehnung anderer Lebensentwürfe – und damit um die Ablehnung der Realität.