ChristfluencerIm Namen des Herrn auf Youtube
Die Kirche hat ein Nachwuchsproblem - kaum einer ist noch für christliche Inhalte zu begeistern. Deswegen soll jetzt digital aufgerüstet werden: Katholische Priester bekommen Nachhilfe in Instagram, Youtube und Co.
Das Erzbistum Köln macht den Anfang: Katholische Priester sollen zu Social Media Influencern werden. Warum? Weil die junge Generation allein von der Kanzel aus nicht mehr erreicht werden könne. Soziale Medien hätten ein großes Potenzial für die Gemeindearbeit, sagt das Erzbistum. Deshalb gibt es für werdende Priester nun Nachhilfe in Form von Workshops.
"Heute werden wir ein Video machen, warum wir keinen Sex vor der Ehe haben. Bäm!"
Doch christliche Youtuber und Influencer, die gibt es im Netz schon. Lukas und seine Freundin Lisa sind zwei davon: Ihr Produkt ist ihr Glaube, sie verbreiten ihn über Social Media. Doch ihre Auffassung von Kirche liegt jenseits dessen, was die großen Kirchen der Mitte in Deutschland predigen.
Matthias Pöhlmann, der Weltanschauungsbeauftragte der Evangelischen Landeskirche Bayern, nennt die Christfluencer Vertreter des "Modernen Anti-Modernismus": "Das meint, man nutzt Phänomene der Popkultur, und hat aber doch eine sehr konservative Botschaft, die man vermitteln möchte."
Gemäßigte Positionen haben es schwer im Netz
Das sieht auch Christiane Florin so. Sie ist beim Deutschlandfunk Redakteurin für Religion und Gesellschaft. Sie sagt: Was in diesen Videos gut läuft, das sei das Provokante und Anstößige. Christfluencer mit radikalen Thesen fänden Gehör. Schwerer hätten es aber diejenigen, die differenziert über ihren Glauben berichten. Und diese Lücke, die der christlichen Mitte, sollen jetzt für die Katholiken unter anderem die Priester schließen, indem sie fit fürs Netz gemacht werden. Eine echte Herausforderung.
"Jana" spricht über Sünde, Vergebung und Angst
Die evangelische Kirche versucht sich schon seit einiger Zeit mit Youtube: "Jana glaubt" ist ein evangelischer Youtube-Kanal und eine Kampagne der evangelischen Kirche in Deutschland. Die Videos sind wenig ansprechend und haben ein paar Tausend Views. Aber es gibt Ausnahmen, etwa das Video, in dem Jana über ihre Rolle als Frau spricht. Sie sagt darin, dass sie sich ihrem Mann gern unterstelle.
"Ich bin Mensch, mein zukünftiger Mann ist Mensch. Und wenn das mein Anspruch ist, dann unterstelle ich mich gerne, weil wenn man gemeinsam zu einer Entscheidungsfindung kommt, aber der Mann ist für mich die Stimme, die es nach Außen trägt."
Das sei für die Evangelische Kirche eine sehr anstößige Position, sagt Christiane Florin, denn dort sei das Thema Gleichberechtigung recht groß. "Über dieses Video wurde so viel gesprochen, wie über kein anderes." Und hier zeigt sich die Herausforderung, vor der die neuen Social-Media-Priester stehen: Jenseits von Populismus, jenseits von radikalen Debatten und extremen Positionen medial interessant genug sein.