Pestizide im EssenGefährliches Nervengift Chlorpyrifos auf Zitrusfrüchten
Chlorpyrifos ist ein Nervengift das als Insektizid bei der Produktion von Zitrusfrüchten eingesetzt wird. Studien zeigen, dass es bereits in geringen Mengen die Gehirnentwicklung von Embryos schädigen kann.
Vor allem in der Vorweihnachtszeit landen jede Menge Zitrusfrüchte auf unserem Tisch: Mandarinen, Orangen, Zitronen. Da sind viele Vitamine drin. Aber: Wir nehmen unter Umständen auch Rückstände des Pestizids Chlorpyrifos mit auf.
Der Stoff befindet sich auf der Schale der Früchte. Studien haben gezeigt, dass Chlorpyrifos das kindliche Gehirn bereits im Mutterleib schädigen kann - das schreibt die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) in einem Statement bereits im August. Zudem sei es denkbar, dass sich das Pestizid auch auf das Erbgut des Menschen auswirkt.
Chlorpyrifos ist ein Nervengift, das bei Insekten wirkt, sagt Susanne Smolka vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN e.V.). Aber auch bei Menschen könne Chlorpyrifos Vergiftungserscheinungen auslösen - und das schon bei sehr geringen Konzentrationen.
"Dass auch Menschen akut vergiftet werden können durch dieses Nervengift, ist keine Überraschung."
In Deutschland ist Chlorpyrifos als Pestizid nicht zugelassen. Dort, wo im Winter viele Zitrusfrüchte her kommen, nämlich in Spanien, Italien, Griechenland und Portugal, darf es allerdings verwendet werden. Auch in Deutschland war Chlorpyrifos bis 2013 zugelassen, wurde dann aber verboten.
EU diskutiert Verbot von Chlorpyrifos
Nachdem ein unabhängiges Forscherteam in den Rohdaten einer Herstellerstudie Belege für die schädigende Wirkung von Chlorpyrifos gefunden hat, wird nun diskutiert, ob Chlorpyrifos und der verwandte Stoff Chlorpyrifosmethyl EU-weit verboten werden können - auch gegen den Widerstand einiger Mitgliedsstaaten
Die EU-Kommission will gegen Ende der Woche über die weitere Zulassung des Pestizids entscheiden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit plädiert für ein Verbot. Susanne Smolka vermutet, dass es zwar eine qualitative Mehrheit für ein Verbot von Chlorpyrifos geben könnte, also dass sich mindestens 15 EU-Staaten für das Verbot aussprechen. Aber unter anderem Polen und die sogenannten Zitrusstaaten könnten dafür kämpfen, dass Chlorpyrifosmethyl weiterhin gespritzt werden darf.
"Es gibt ganz deutlichen Druck, dass Chlorpyrifosmethyl am Markt behalten werden soll."
Auch außerhalb der EU gäbe es ziemlichen Lobby-Druck, dass Chlorpyrifos und Chlorpyrifosmethyl weiter genehmigt werden sollen oder dass Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, erklärt Susanne Smolka.
PAN fordert mehr Transparenz und unabhängige Studien
Die Hersteller wüssten schon lange, dass Chlorpyrifos auch beim Menschen Schäden verursache, sagt Susanne Smolka. Denn die hätten schon vor langer Zeit Studien dazu durchgeführt. Das Problem an diesen Studien sei aber, dass sie nicht öffentlich einsehbar seien.
"Dass das Gehirn geschädigt wird, war schon Dow Chemical, also der Herstellerfirma, 1998 bekannt durch ihre eigenen Tests."
Auch die europäischen Zulassungsbehörden stehen im Fall Chlorpyrifos nicht gut da. Denn sie haben vor Jahren offenbar ungeprüft die Bewertung der Herstellerfirma Dow übernommen - ohne die Rohdaten der Studie einzusehen, wie der BR berichtet.
Erst 2018, nachdem ein unabhängiges Forschungsteam die Rohdaten der Studie untersuchte, sei aufgefallen, dass es schon lange Belege für die hirnschädigende Wirkung von Chlorpyrifos gebe.
PAN e.V. fordert deshalb, dass Hersteller von Pestiziden nicht ihre eigenen Tests durchführen dürfen. Stattdessen sollen sie in einen Fonds einzahlen, aus dem unabhängige Institute bezahlt werden, die dann die Studien durchführen. Außerdem sollten auch unabhängige Forschende Zugriff auf die Rohdaten bekommen.