ChallengesWie wir es schaffen, Neues durchzuziehen
Joseph Bolz macht immer wieder Selbstexperimente, um sich zu motivieren, etwas in seinem Leben zu verändern. Michael Tomhoff ist Psychologe und hat Tipps, wie es uns gelingen kann, bestimmte Vorhaben auch mal längerfristig durchzuziehen.
Strecken nur noch zu Fuß gehen, 60 Tage lang kalt duschen oder 100 Tage lang keinen Zucker essen – diese und andere Selbstexperimente hat Joseph Bolz bereits durchgezogen. Er liebt besondere Herausforderungen und denkt sich ständig neue aus. Nicht alle Challenges machen ihm Spaß, manche bringen ihm sehr viel. Der Zuckerverzicht zum Beispiel, an den er sich bis heute hält: "Ich bin viel wacher, viel konzentrierter und fühle mich in meinem Körper besser", sagt er.
In einem anderen Experiment habe er einen Monat lang gegen heftig seinen Biorhythmus ausgelebt, um am Ende herauszufinden, wie genau seine innere Uhr eigentlich tickt. Eine krasse und lebensverändernde Aktion, sagt er, seitdem habe er viel weniger Probleme beim Einschlafen.
100-Stunden-Woche und Hautausschlag
Oft geht Joseph bei seinen Challenges an seine Grenzen – und manchmal auch darüber hinaus. Richtig krass sei der Versuch gewesen, einen Monat lang 100 Stunden in der Woche zu arbeiten, um zu erfahren, was das mit ihm mache. "Ich habe die körperlichen Auswirkungen bis heute und eine Art Hautkrankheit in der Handinnenfläche entwickelt, die bei Stress jetzt immer wieder zurückkommt", sagt er.
"100 Stunden arbeiten pro Woche, um zu zeigen, was es mit einem macht. Mir war aber nicht klar, wie extrem es ist. Ich habe die körperlichen Auswirkungen bis heute und Art Hautkrankheit in der Handinnenfläche entwickelt."
Seine Motivation sei vor allem Neugierde und die Suche nach Möglichkeiten, in seinem Leben etwas positiv zu verändern. Bis Veränderungen am Körper oder bei Gewohnheiten spürbar werden, brauche es aber Zeit. "Man muss Dinge eigentlich mindestens so 30 Tage ausprobieren, damit sich wirklich was tut", sagt er.
Seine Challenges teilt Joseph auch im Netz. Dass es dort ein Publikum gebe, das sich dafür interessiert, motiviert ihn, sagt Joseph. Genauso auch der Zuspruch und das Nachhaken von Freundinnen und Freunden. Ein gutes soziales Umfeld helfe aber auch dabei, dass er es mit einer Sache nicht übertreibt.
Keine zu hohen Ziele und langsam anfangen
Selbstoptimierung sei jedoch nur bis zu einem gewissen Grad nützlich. Bei den vielen kurzen Clips auf Social-Media zum Beispiel sei schon sehr viel Quatsch dabei. Man müsse auch nicht alles selbst optimieren. Wer etwas verändern möchte, sollte sich zunächst keine zu hohen Ziele setzen und langsam einsteigen.
Zum Beispiel beim Thema Bewegung: Statt 10.000 Schritte zu machen, reiche es erst mal zehn Minuten spazieren zu gehen. "Wenn man es jeden Tag drin hat, fängt man irgendwann automatisch an, sich zu bewegen. Und das ist ja im Grunde das Ziel", so Joseph.
Raus aus der Komfortzone
Radikal ehrlich zu sein und Dinge, die er im Kopf habe, direkter auszusprechen – das war die letzte Challenge des Psychologen und Coaches Michael Tomhoff. Er vermittelt das auch in eigenen Workshops. "Ich werde da immer besser drin und finde auch immer bessere Worte, das zu transportieren", sagt er. Dabei helfen ihm eine gute Community oder Freunde, die das wertschätzen – und viele Wiederholungen, um sich darin zu üben.
"In der Psychologie nennt man das Sensation Seeking, dass man mal ein bisschen Adrenalin braucht, aus einer Komfortzone rausgeht, um sich sozial ein bisschen zu verändern."
Nicht jeder Mensch habe das Verlangen, etwas Neues zu probieren. Bei Michael Tomhoff ist das anderes, er brauche das als Mensch. Für ihn sei das persönliches Wachstum. "In der Psychologie nennt man das Sensation Seeking, dass man mal ein bisschen Adrenalin braucht, aus einer Komfortzone rausgeht, um sich sozial ein bisschen zu verändern", sagt er. Es sei extrem wichtig, immer wieder auch mal links und rechts zu gucken, um die eigenen Möglichkeiten zu vergrößern.
Herausforderungen den eigenen Fähigkeiten anpassen
An einer Sache dranzubleiben, sei prinzipiell einfacher, wenn es zu der eigenen Persönlichkeit und den schon vorhandenen Fähigkeiten passe. Wer beispielsweise ein Sinn für das Spielerische hat und mehr Salat essen möchte, könne eine Art Challenge mit einer anderen Person entwickeln und schauen, wer mehr Tage am Stück schaffe.
"Wo die Fähigkeiten schon da sind, dann kommt man in so Flow-Erlebnisse rein. Die sind extrem gut, um die Lernfähigkeit aufrechtzuerhalten, sich neues anzueignen und vor allen Dingen um belohnt zu werden."
Manchmal hilft es auch, eine Art Belohnung anzustreben: Beim Salat essen zum Beispiel wird man am Ende durch ein besseres Wohlbefinden belohnt, ähnlich ist es beim Joggen.
Doch es muss nicht immer eine Art Belohnung sein, die hilft, sich für seine Sache besser zu konditionieren, so der Psychologe. Bei manchen Menschen funktioniere das besser über eine Bestrafung, wenn etwas nicht geschafft wird, müssen sie dann etwas tun, was sie gar nicht mögen.