Catfishing beim Online-DatingAbzocke durch Fake-Profile auf Dating-Apps
Klar, die wenigsten erwarten, beim Online-Dating direkt den Herz-Menschen fürs Leben zu finden – aber sie hoffen darauf. Und mit dieser Hoffnung aufs Verlieben spielen manche Betrüger. Beim Catfishing lauert hinter dem scheinbaren Match ein Fake-Profil – das sich aber meist erkennen lässt.
Beim Online-Dating gerät man schnell von null auf hundert. Das Foto im Online-Profil eines vermeintlichen Matches ist attraktiv, man wechselt ein paar witzige Nachrichten aus und bekommt immer mehr das Gefühl, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt. Und vor allem, dass unser Gegenüber unsere Gefühle und Gedanken sehr gut nachvollziehen kann.
Oft projizieren wir beim Online-Dating ohnehin viel in eine andere Person hinein, denn wir wünschen uns jemanden zu finden, der genau zu uns passt. Aber es gibt auch professionell geführte Fake-Accounts, die sich darauf spezialisiert haben, dieses Wunschdenken bewusst auszunutzen, um uns das Gefühl zu geben, dass wir unseren perfekten Gegenpart gefunden haben.
Catfishing wird das gemeinhin genannt. Und hinter Fake-Profilen, die fürs Catfishing genutzt werden, steckt in den meisten Fällen eine betrügerische Absicht. Das ist auch den Betreibern von Dating-Apps wie Tinder bekannt.
"Bei Tinder nehmen wir Identitätsdiebstahl und Fake-Profile sehr ernst und verfolgen eine Nulltoleranzstrategie bei betrügerischem Verhalten jedweder Art."
Auf manchen Dating-Portalen stehe es sogar in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass Fake-Profile von Seiten der Betreiber eingesetzt werden, weiß Tatjana Halm, die als Rechtsanwältin bei der Verbraucherzentrale Bayern arbeitet.
"Tatsächlich gab es viele Portale und Anbieter, die im Kleingedruckten darauf hinweisen, dass hier mit Fake-Profilen gearbeitet wird."
Diese Art der Fake-Profile sollen dafür sorgen, dass die Nutzerinnen und Nutzer länger auf dem Portal bleiben, damit sie an ihnen verdienen können. Die Chats, in die die Kontaktsuchenden verwickelt werden, sollen sie davon abhalten, sich frühzeitig wieder vom jeweiligen Portal abzumelden.
Journalistin undercover als Fake-Schreiberin
Die Journalistin Nadia Kailouli hat sich für das Format "Steuerung_F" undercover als Fake-Schreiberin bei einem Portal beworben. Ihre Aufgabe war es, mit Männern zu schreiben, sich aber nie auf ein Date einzulassen. Für jede Antwort, die die Journalistin im Chat erhalten hat, wurden ihr 14 Cent gezahlt.
"Es wird explizit erklärt, dass man ganz viele Fragen stellen soll und zwar solche, wo auch immer eine Gegenfrage kommt."
Ihre Nachrichten wurden von ihren Auftraggebern mitgelesen und mehrfach beispielsweise dafür kritisiert, dass sie in ihren Nachrichten nicht empathisch genug vorgehe. Nach wenigen Tagen hat die Journalistin dieses Experiment dann abgebrochen.
Fake-Profile auf Dating-Portalen: Scammer, die sich Geld erschleichen wollen
Aber es sind nicht nur die Betreiber von Singlebörsen und Dating-Plattformen, die Fake-Profile nutzen, um User*innen zu täuschen. Wer einem unechten Profil auf den Leim geht, kann an einen sogenannten Spammer oder einen Scammer geraten.
Spammer sind in der Regel Profile, die die Absicht verfolgen, die Kontaktsuchenden auf die Portale anderer Betreiber zu locken.
Sogenannte Scammer hingegen, sind Betrüger, die sich per Chat das Vertrauen erschleichen, um dann unter einem Vorwand um eine Geldüberweisung bitten. Oft werden Gründe wie Reisekosten oder ein Arztbesuch vorgeschoben.
Zeichen dafür, dass es sich um ein Fake-Profil handelt
Unser Reporter Benni Bauerdick hat sich mit Katja unterhalten, einer Frau, die auf Tinder über ein paar Wochen hinweg Nachrichten mit einem Mann namens Patrick ausgetauscht hat. Aus ihrer Sicht gab es viele Hinweise dafür, dass es sich dabei um ein Fake-Profil gehandelt hat.
Sie hat sich ganz bewusst auf den Fake-Chat eingelassen, weil sie ihre Erfahrungen danach bei Twitter öffentlich machen wollte.
Beispielsweise hat Katja die Bilder des Profils, das auf den Namen Patrick läuft, über die Google-Bildersuche im Netz wiedergefunden. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um Fotos eines italienischen Fitness-Models handelt.
Fake-Profile werden in Schichten bearbeitet
Und es gab noch ein paar weitere Ungereimtheiten: Katja hatte das Gefühl, mit vielen unterschiedlichen Menschen zu schreiben und kopierte Nachrichten zu erhalten, die zudem oft in einem fehlerhaften Deutsch formuliert waren – als wären sie aus dem Google-Übersetzer herauskopiert.
Eine Erfahrung, die sich mit der Recherche der Journalistin Nadia Kailouli deckt: Da in unterschiedlichen Schichten gearbeitet und getextet wird, werde für jeden Menschen ein Factsheet angelegt mit allen Infos, die der- oder diejenige bis dahin preisgegeben hat.
Auch stutzig gemacht haben Katja einige Nachrichten, in denen sie mit falschem Namen beispielsweise "Angela" oder "Simon" angesprochen wurde.
"Patrick hat sofort sehr intime Fragen gestellt: also was mach ich beruflich? Alles zu meinem Kind. Er wollte auch abklopfen, ob ich alleine wohne, ob ich mich einsam fühle. Also richtiges Opfer-Profiling."
Katja ist zudem aufgefallen, dass der Verfasser der Nachrichten, der sich als Patrick ausgegeben hat, relativ schnell nicht nur intime Fragen stellte, sondern auch versucht hat, viel über ihre Lebensumstände herauszufinden. Katja umschreibt diese Vorgehensweise als Opfer-Profiling.
Auch die Geldforderung blieb nicht aus: Weil er sich angeblich bei einem Auslandseinsatz an der Elfenbeinküste befunden habe, sollte Katja Geld an Patrick für eine Reise nach Deutschland überweisen. Anfangs forderte er 250 Euro von ihr, später bereits 6.500 Euro. Katja beendete den Kontakt daraufhin.
"Auf jeden Fall wollte er dann irgendwann mal meine Hoden lecken. Das war so skurril und teilweise auch wirklich grotesk. Sodass man an einem Punkt einfach ganz klar merken musste: da wird man verarscht."