MobilitätKostenloser ÖPNV – keine Garantie, dass Autos stehen bleiben
In manchen Städten in Deutschland ist – oder wird – Bus- und Bahnfahren kostenlos. Unabhängig davon, ob das wirklich zu weniger Autoverkehr führt: Diese Mobilitätskonzepte werden interessante Erkenntnisse liefern.
Bus- und Bahnfahren attraktiver zu machen, ist nicht einfach. Jede Verbesserung in Sachen Komfort, Zuverlässigkeit und Taktung kostet in der Regel Geld. Das ist bei den Betrieben sowieso schon oft knapp, und wenn dann auch noch die allgemeinen Kosten steigen, führt das in der Regel in regelmäßigen Abständen zu steigenden Ticketpreisen.
Wenn Bus- und Bahnfahren teuer ist, schreckt das wiederum potenzielle Fahrgäste ab, und die Einnahmen der Betriebe stagnieren oder sinken. Ein Teufelskreis.
"Die Stadtwerke Augsburg machen in der sogenannten Cityzone in der Innenstadt Bahnfahren kostenlos. Sie wollen den Autoverkehr in der Innenstadt reduzieren."
Manche Länder und Kommunen gehen deshalb den radikalen Weg machen die Benutzung der Busse, U- und S-Bahnen komplett kostenlos. Luxemburg hat das angekündigt, genauso die Städte Augsburg (zumindest in der Innenstadt), Monheim am Rhein und Pfaffenhofen an der Ilm (kostenloser ÖPNV seit 2018). Die Idee: Wenn der öffentliche Personennahverkehr für die Fahrgäste kostenlos ist, dann müssen ja wohl auch deutlich mehr mit Bus und Bahn fahren als früher.
Das Auto stehen lassen, dafür mit Bus und Bahn fahren – das ist eine große Hoffnung einiger Parteien und Politiker, um beim Klimaschutz voranzukommen. Auch würde das gegen Verkehrschaos in Innenstädten und auf Autobahnen helfen.
Viele fahren Auto, obwohl es mit dem Bus ziemlich bequem wäre
Allerdings ist die Sache kompliziert. In Pfaffenhofen an der Ilm hat man inzwischen einige Erfahrungen gesammelt: Tatsächlich fahren heute mehr Menschen Bus, seit dieser kostenlos ist. Allerdings fahren auch immer noch sehr viele Menschen mit ihrem Auto – und das, obwohl nicht nur die Kosten abgeschafft wurden, sondern auch die Taktung der Busse zu Stoßzeiten deutlich erhöht wurde und es eigentlich wenig Hürden gibt, den Bus zu nehmen.
Die einzige Erkenntnis, die sich aus Pfaffenhofen derzeit sicher ziehen lässt: Es ist kompliziert. Bisher sind wohl noch nicht alle Kriterien bekannt, die am Ende dazu führen, dass statt dem eigenen Auto Bus und Bahn genommen werden. Vielleicht braucht es auch einfach ein paar Jahre (Jahrzehnte?), bis eine relevant große Masse ihr Mobilitätsverhalten ändert. Das eigene Auto ist für viele schließlich seit langer Zeit das einzig vorstellbare Fortbewegungsmittel – eine Gewohnheit und Tradition, an der nicht gerüttelt wird.
Mal ausprobieren
Den ÖPNV kostenlos zu machen, ist für viele Städte und Verkehrsgebiete zudem problematischer als für eine finanziell gut ausgestattete Kleinstadt. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) zum Beispiel hat ausgerechnet, dass ein kostenloser Nahverkehr in Düsseldorf und im Ruhrgebiet einen Ausfall von jährlich rund 1,3 Milliarden Euro bedeuten würde. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen ist skeptisch, ob ein kostenloser öffentlicher Personennahverkehr ein Konzept für alle ist.
Die ersten Städte probieren das nun aus. Belastbare Erkenntnisse wird es wohl erst in einigen Jahren geben.