Bundesweiter BildungsstreikLehrkräfte und Hochschulpersonal streiken
Die Gewerkschaft GEW hat zu einem bundesweiten Streik aufgerufen. Die Vorsitzende der GEW NRW, Ayla Celik, kritisiert die schlechten und unattraktiven Rahmenbedingungen und fordert 10,5 Prozent mehr Lohn.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert im aktuellen Arbeitskampf zunächst mehr Geld, sagt Deutschlandfunk-Nova-Bildungsexperte Armin Himmelrath. Wegen gestiegener Lebenshaltungskosten fordert die GEW mindestens 10,5 Prozent mehr Gehalt für die Beschäftigten oder mindestens 500 Euro mehr im Monat für jeden Einzelnen.
"Die Gewerkschaft will außerdem sicherstellen, dass jeder Beschäftigte mindestens 500 Euro mehr im Monat kriegt."
Außerdem sollen studentische Hilfskräfte an Hochschulen einen Tarifvertrag erhalten. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, dass es der Gewerkschaft ausschließlich um mehr Geld für die Beschäftigten geht, "haben die Forderungen natürlich mit der insgesamt angespannten Lage im Bildungswesen zu tun", sagt Armin.
Die Belastung der Beschäftigten sei hoch und wenn sie schon hoch ist, "muss aus Sicht der Gewerkschaften wenigstens die Bezahlung stimmen. Daher kommt diese – zunächst mal hoch klingende – Forderung."
Hohe Arbeitsbelastung und fehlendes Personal
Die Belastung sei hoch, da Personal im Bildungssektor fehlt. Armin Himmelrath verdeutlicht es am Beispiel der Lehrer*innen: "Das ist der Bereich, in dem es am deutlichsten ist. Wer selbst Kinder in der Schule hat oder in der Schule arbeitet, wird mitbekommen, dass häufig Unterricht ausfällt". Schätzungen der Kultusminister*innen zufolge fehlen in Deutschland bis 2035 bis zu 25.000 Fachkräfte im Bildungsbereich. Die Rechnung der Politik sei allerdings sehr optimistisch, meint der Bildungsexperte. Andere Schätzungen kommen auf 80.000 fehlende Kräfte.
"Es gibt Fachleute, die von deutlich mehr fehlenden Kräften im Bildungswesen bis 2035 ausgehen als die Kultusminister*innen. Bildungsforscher Klaus Klemm aus Essen geht eher von 80.000 fehlenden Lehrer*innen aus."
Werden noch andere pädagogische Aufgaben aus dem Schulalltag dazugerechnet, komme man – je nach Rechnung – auf bis zu 160.000 fehlende Mitarbeiter*innen. Außerdem fehlen rund 100.000 Fachkräfte in Kindertagesstätten. "Das sind enorme Zahlen." Um diese Personallücken zu schließen, müsste die Bezahlung deutlich steigen aus Sicht der Gewerkschaften.
Die Bundesländer, in deren Kompetenz die Bildungspolitik liegt, haben das Problem erkannt. Sie kommen mit der Unterrichtsversorgung nicht mehr nach. Auch die Betreuung in Kitas ist nicht mehr durchgängig gewährleistet.
Wie viel Bildungsbudget gibt es?
Die nächste Runde der Tarifverhandlungen findet Anfang Dezember statt. Die Länder wissen im Moment nicht, wie viel Geld ihnen für das Bildungswesen zur Verfügung steht, was im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse steht. Das betrifft erst einmal den Bund, der aber bestimmte Gelder an die Länder weiter gibt, zum Beispiel vom Steueraufkommen. Da aber im Moment noch nicht einmal im Bund klar ist, welche Gelder für was vorhanden ist, gibt es auf Länderseite eine große Unsicherheit.
"Das alles führt dazu, dass die Länder sehr zurückhaltend sind. Sie haben den Beschäftigten noch kein Angebot vorgelegt. Deswegen ist die Gewerkschaft sauer."
Wer Lehrer*in werden will, muss sich deswegen aber keine Sorgen um die zukünftige Bezahlung machen, meint Armin. Das liegt daran, dass der Lehrer*innen- und Erzieher*innenmangel so groß ist, dass alle, die in diesem Segment eine Ausbildung machen – oder in diesen Bereich gehen wollen – eine wahnsinnig gute Perspektiven haben, sagt der Bildungsexperte.
"Leute, die gerade in der Lehrer*innenausbildung sind, können gelassen auf diese Tarifverhandlungen blicken. Zwar werden nicht die geforderten 10,5 Prozent rauskommen, aber zumindest wird etwas ausgehandelt werden, das dann in ein paar Jahren auf ihrem Konto landet."