Bundesamt für Verfassungsschutz"Da sitzen Leute, die den Schuss nicht gehört haben"
Neue Panne beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV): In einem Panzerschrank sind vier SIM-Karten des früheren Spitzels Corelli gefunden worden. BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen war 2012 angetreten, um im Bundesamt aufzuräumen. Bisher klappt das nicht so recht.
Corellis Mobiltelefon
Der Verfassungsschutz ist im Gespräch. Schon wieder. Und wieder mal geht es um den Spitzel Corelli. Der war jahrelang eine der Topquellen des Verfassungsschutzes in der rechten Szene. 2014 ist er gestorben, an einem Zuckerschock im Alter von 39 Jahren - ungewöhnlich. So ungewöhnlich, dass der Bundestag einen Sonderermittler einsetzte, um den Fall zu klären. Das war aber gar nicht so einfach für den Ermittler. Weil wichtige Informationen gefehlt haben.
"Bei Corelli haben wir es mit einem prominenten und politisch hochbrisanten Fall zu tun."
Dann ist plötzlich Corellis Handy aufgetaucht. In einem Panzerschrank beim Verfassungsschutz. Offenbar hat der zuständige V-Mannführer Corellis die Unterlagen nirgendwo registriert. Jetzt sind auch die SIM-Karten zum Handy gefunden worden. In einem anderen Panzerschrank. Es stellt sich die Frage, wie das bei einer so wichtigen Quelle passieren konnte, dass niemand sonst im BfV die Übersicht behält.
Was ist da los?
"Das Hauptproblem ist die Geisteshaltung einiger Mitarbeiter. Da sitzen Leute, die den Schuss nicht gehört haben."
Der Eindruck unseres Reporters Michael Götschenberg: Das Problem liegt auf der Ebene der Sachbearbeiter. Einige Mitarbeiter des BfV hätten nicht verstanden, sagt Götschenberg, dass man nicht nach dem Motto arbeiten kann: "Das geht die Öffentlichkeit alles nichts an, was wir hier machen."
Eine Frage, die noch nicht abschließend geklärt wurde, lautet etwa: Gab es Kontakte Corellis zum NSU-Trio? Kontakte, von denen er dem Verfassungsschutz nichts erzählt hat? Oder von dem der Verfassungsschutz der Öffentlichkeit nichts erzählt hat - weil es ein schlechtes Licht auf das V-Mann-Wesen werfen könnte.
Angetreten, um im BfV aufzuräumen…
Seit 2012 ist Hans-Georg Maaßen Chef des Bundesamtes. Im Fall Corelli habe er entsprechende Dienstanweisungen gegeben, sagte er dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages. Dort musste er sich einige unangenehme Fragen anhören. Am Ende waren die Abgeordneten der Ansicht, man könne Maaßen die Vorgänge nicht anlasten.
"Ein Behördenchef ist dafür verantwortlich, was seine Mitarbeiter tun - oder eben auch nicht tun."
Maaßen hat scheinbar versucht, die Geisteshaltung "Nur wir wissen, was hier passiert" zu verändern. Er soll wohl explodiert sein, als er von den Vorgängen rund um Corellis Handy erfahren hat. Nur gibt es offenbar einige, die das immer noch nicht kapiert haben – und den Anweisungen des Behördenchefs scheinbar nicht Folge leisten.
Wie lange noch?
Das Bundesinnenministerium, die Aufsichtsbehörde des Verfassungsschutzes, hat jetzt zu einem drastischen Mittel gegriffen.
"Der Innenminister ist auf Sicherheitsabstand zum BfV gegangen und hat gesagt: Wir schicken jetzt Mitarbeiter zu euch, um die Sache aufzuklären. Ihr kriegt das selbst offenbar nicht hin."
Außerdem muss sich Maaßen auch im NSU-Untersuchungsausschuss äußern. Noch ein Skandal dürfe da jetzt nicht kommen, meint Götschenberg. Sonst werde die Luft sehr dünn.