Bürgerbeteiligung per AppAuf das Ergebnis kommt es an
Wer Bürger an politischen Entscheidungen auf städtischer Ebene beteiligen möchte, muss auch bereit sein, am Ende vernünftig mit dem Ergebnis umzugehen.
In Tübingen dürfen sich Bürger in Zukunft per App an wichtigen Gemeinderatsentscheidungen beteiligen. Die App soll jedem Bürger kostenlos zur Verfügung stehen. Bei einer Befragung bekommt dann jeder Bürger ab 16 Jahren einen Zugangscode, mit dem er sich in der App anmelden kann. Dort sind dann auch Informationen zum Thema hinterlegt. Zusätzlich gibt es im Vorfeld der Entscheidung eine Informationsveranstaltung.
Marcel Solar ist Politikwissenschaftler und beschäftigt sich vor allem damit, wann und wie Bürgerbeteiligung funktioniert. Ob die App in Tübingen am Ende ein Erfolg wird, hängt vor allem davon ab, ob die Tübinger sich auch wirklich zahlreich beteiligen, sagt er.
"So eine App verspricht zum einen das Erreichen einer neuen Zielgruppe, also junge Leute und man kann es von zu Hause aus machen."
Damit Menschen wirklich motiviert sind, sich zu beteiligen, muss es am Ende natürlich auch wirklich was zu entscheiden geben. Eine einfache Sachfrage und dann über ein "Ja" oder "Nein" abstimmen lassen, das wäre Macel Solar zu wenig. Denn Bürgerbeteiligung heißt für ihn, die Bürger nicht einfach nur vor eine Entscheidung zu stellen, sondern tatsächlich in die Kommunikation mit den Bürgern einzusteigen.
"Es geht ja auch darum in einer Demokratie und vor Ort darüber zu diskutieren, was das richtige Ergebnis ist und wie ich meine eigene Ideen einbringen kann."
Warum Bürgerhaushalte scheitern
Eine andere Form der Bürgerbeteiligung sind Bürgerhaushalte. Da können die Bürger Vorschläge machen, wie eine bestimmte Summe aus dem Haushalt verwendet werden soll. Aktuell gibt es das zum Beispiel in Köln, Darmstadt und Halle. Münster und Chemnitz haben solche Bürgerhaushalte allerdings bereits auf Eis gelegt oder gestrichen.
Das Problem sei hierbei vor allem, dass am Ende dann doch zu wenig Leute mitmachen, sagt Marcel Solar. Vor allem sei zu beobachten, dass die Beteiligung sogar sinkt, wenn Städte so etwas mehrfach machen. Das liege zum einen daran, dass mit den Ergebnissen nicht vernünftig umgegangen wurde. Zum anderen daran, dass Bürger nur mit entscheiden konnten, wo es was zu sparen gibt.
"Das frustriert dann manchmal, wenn man nicht eigene Ideen mit reinbringen kann."
Damit Bürger wirklich Bock haben, sich dauerhaft zu beteiligen, sind folgende Faktoren entscheidend:
- Die Qualität und Verständlichkeit der Informationen
- Es muss wirklich was zu entscheiden geben
- Politische Entscheidungsträger müssen vernünftig mit den unverbindlichen Ergebnissen umgehen
Vor allem der letzte Punkt sei eine Frage der politischen Kultur, sagt Marcel Solar. Es müssten wirklich alle Beteiligten bereit sein, sich darauf einlassen. Also nicht nur Politiker und Bürger, sondern auch die Stadtverwaltung muss am Ende mitspielen, wenn zusammen mit den Bürgern etwas entschieden wurde.