Brillante Verlierer"Nobelpreisloser" haben einzigartige Geschichten
Warum gehen manche Spitzenforschende bei der Preisverleihung des Nobelpreises in Schweden immer wieder leer aus, obwohl ihre Entdeckungen die Welt revolutioniert haben? Ein Vortrag des Medizinhistorikers Nils Hansson.
Jedes Jahr im Dezember werden in Schweden die Nobelpreise überreicht. Sie gelten als die höchste wissenschaftliche Auszeichnung, die es gibt.
Als Medizinhistoriker und Schwede interessierte sich Nils Hansson zunächst für die Frage, wie die Preise im Laufe der Zeit vergeben wurden. Außerdem auch dafür, wer die erfolgreichen Kandidaten des Nobelpreises waren. Bei seiner Forschung über die Nobelpreisträger*innen merkt Hansson aber, dass er andere Fragen viel spannender findet: Wer sind die "Loser"? Warum haben manche Forschende, deren Entdeckungen ihr Fach und die Welt oft revolutionierten, nie einen Nobelpreis bekommen?
"Man kann vielleicht mit Tolstoi sprechen und das Anna Karenina-Prinzip paraphrasieren: Alle glücklichen Kandidaten gleichen einander, jeder unglückliche Nobelkandidat ist auf seine eigene Weise unglücklich."
Das Projekt "hochbegabte Verlierer" war geboren, erzählt Hansson in seinem Vortrag. Im Projekt geht er der Frage nach, warum manche Kandidaten zwar immer wieder nominiert wurden, aber jedes Mal wieder leer ausgingen. Das Ergebnis seiner Forschung: Es gibt keine einfache Antwort auf diese Frage! Jede und jeder der "Nobelpreisloser" hat eine andere Geschichte, sagt Hansson.
Kein Nobelpreis für den Erfinder von Fitnessgeräten
Eine davon erzählt er in seinem Vortrag. Die des schwedischen Arztes und Physiotherapeuten Gustav Zander. Er entwickelte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts Geräte, um einzelne Körperteile und Gelenke gezielt zu trainieren. Die Geräte, die heute in jedem Fitnessstudio stehen, unterscheiden sich kaum von Zanders ursprünglichen Entwürfen.
"Interessanter sind die Erzählungen, in denen es um Schwierigkeiten und Niederlagen geht. Sie berühren uns mehr und erinnern uns vielleicht an uns selbst."
Zanders Geräte waren zu seiner Lebzeit weltweit verbreitet und revolutionierten die Gymnastik und Physiotherapie. Er wurde dafür für den Nobelpreis nominiert, ging aber – trotz mächtiger Fürsprecher – leer aus.
Erfolgsgeschichten geben uns vielleicht ein gutes Gefühl, doch Erzählungen von Fehlschlägen und Misserfolgen berühren uns oft mehr, sagt Hansson.
Nils Hansson ist Medizinhistoriker und Privatdozent am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Sein Vortrag hat den Titel "Wie man (k)einen Nobelpreis gewinnt". Er hat ihn am 5. Oktober 2023 in Düsseldorf gehalten, im Rahmen der Reihe "Forschung im Fokus" der Bürgeruni der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf.