Gaffer-ProzessKein Respekt vor Rettungskräften
Der Feuerwehrmann Jörg Nießen hat Verständnis dafür, dass Menschen neugierig sind. Aber wenn Gewalt ins Spiel kommt, würden definitiv Grenzen überschritten.
Es hänge vom Einsatz ab, ob Gaffer zum Problem werden oder nicht, sagt Jörg Nießen. Bei simplen Einsätzen gebe es nicht so viele Zuschauer, wenn der Feuerwehrmann und Sanitäter zu einem größeren Einsatz gerufen wird, kann es allerdings schon vorkommen, dass sich die Rettungskräfte erst einmal Zugang zur Unfallstelle verschaffen müssen, weil neugierige Menschen den Weg versperren.
"Nicht immer werden die zum Problem, aber es kommt schon vor, dass wir uns Platz verschaffen müssen."
Jörg Nießen sagt, er habe den Eindruck, dass es heute mehr Gaffer gibt als früher. Aber das sei sein subjektiver Eindruck. Was sich seiner Meinung nach definitiv geändert habe, sei die Stimmung am Unfallort: "Wenn man vor zehn oder zwanzig Jahren als Feuerwehrmann oder Polizist gesagt hat: 'Machen Sie bitte Platz, räumen Sie den Weg", dann hatte das eine andere Akzeptanz als heute."
"Gaffer halten Menschen davon ab, andere Menschen, die in Lebensgefahr sind, zu retten."
Viele Psychologen beschäftigen sich mit dem Verhalten von Gaffern, inwiefern und warum es sich geändert hat, sagt Feuerwehrmann Jörg Nießen. Er glaubt, dass die Sache ein gesellschaftliches Problem ist und dass das Ego vieler Menschen heute anders im Vordergrund stehe.
Wenn Gewalt ins Spiel kommt
"Wenn man sich den Unfall in Bremervörde noch mal ins Gedächtnis ruft, dann sind das natürlich Bilder, die spektakulär sind", sagt Jörg Nießen. Und da sei es auch normal, hinzuschauen, sagt Jörg Nießen. Wann für ihn aber auf jeden Fall Schluss ist: Wenn Rettungskräfte auftauchen und versuchen, ihre Arbeit zu machen. Dann gelte nur eins: Platz machen.
Und klar ist für Jörg Nießen aber auch: Wer sich körperliche Auseinandersetzungen mit Rettungskräften liefert, überschreitet eine Grenze. Und da gebe es auch nichts mehr zu diskutieren.
"Ich glaube, dass wenn die Grenze der körperlichen Gewalt überschritten ist, dass wir uns hier im Bereich von Straftaten und nicht mehr von Ordnungswidrigkeiten bewegen."
Natürlich spielen auch Smartphones, Videos im Netz und die Suche nach Klicks eine Rolle. Aber, dass im öffentlichen Raum gefilmt werde, daran habe man sich gewöhnt, sagt der Feuerwehrmann. Die Feuerwehr hat sich inzwischen an diese neue Situation angepasst. So ist es inzwischen Standard, dass die Feuerwehr Stellwände aufstellt, um Opfer und Sanitäter zu schützen.
Der Fall in Bremervörde: Vier Jahre Freiheitsstrafe
Im sogenannten Gaffer-Prozess von Bremervörde wurde der 27-jährige Hauptangeklagte jetzt zu vier Monaten Haft verurteilt. Die Brüder des Mannes bekamen mildere Strafen. Den drei Männern im Alter von 27, 20 und 36 Jahren war vorgeworfen worden, bei einem Verkehrsunfall mit zwei Toten am 5. Juli 2015 in Bremervörde die Rettungskräfte stark behindert zu haben. Die Angeklagten hatten sich selbst nicht als Gaffer gesehen.